Berlin und Düsseldorf 2021
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Enfant BärDü
Nachdem das eigentlich vorgesehene Arbeitstreffen in der bärigen Hauptstadt mangels vorbereiteter Substanz abgesagt worden war, entschloss sich der Chronist kurzerhand. das bereits erstandene »Super-Sparpreis-Ticket« trotz angekündigten Regenwetters für eine kleine Stadterkundung mit Auge und Linse zu nutzen.
Am Bahnhof in Berlin angekommen, hat mich bereits ein leichter Hunger ereilt. Leider haben ja die »Speisewagen« schon vor den COVID-bedingten Service-Einschränkungen ihren Namen nicht mehr verdient. So führt mich der beinahe direkte Weg nach SO36 in die »Markthalle Neun«, wo mich viel zu viele Leckereien erwarten und die gequälte Wahl auf Hackbällchen mit in der Halle gebrautem Bier und einem kleinen Dessert aus Frau Zellers Konditorei fällt. Es soll ja Menschen geben, die in der Beschränkung das wahre Glück sehen … ich gehöre ganz sicher nicht dazu.
Nach dieser bewusst beschränkten Stärkung geht es weiter in die Wildnis der Hinterlassenschaften volkseigener Vergnügungen: Auf dem Gelände des ehemaligen »VEB Vergnügung« an der Spree finden sich noch ein paar wenige und vermeintlich gründlich eingezäunte Hinterlassenschaften dieser mittlerweile vergangenen Epoche.
Eigentlich war als Ausklang des Abends ein nach langer Zeit erneuter Besuch im »Ramones«-Museum mit Essen im dazugehörigen Café-Bistro geplant. Leider ist das Gebäude mittlerweile im Zustand der »Entmietung« und auch diese Erinnerungsstätte wurde genauso wie andere, weit wichtigere, »geschleift«. Dabei hatte der Chronist vor mittlerweile dreißig Jahren bei seinem ersten und nun auch einzigen Besuch des Museums mit dem Erwerb der Eintrittskarte eigentlich das lebenslange Besuchsrecht für das Museum erworben. Glücklicherweise existierte aber noch das »Kattelbach«, am den Eingeborenen vorbehaltenen Rand des Kiez, und aus der reichhaltigen, aber wenig vegetarischen und überhaupt nicht veganen Speisekarte fiel die Wahl auf einen Leberkäse von »Kumpel und Keule«, dessen Portionsgröße ohne den mittlerweile absolvierten Spaziergang in der Wildnis nicht zu bewältigen gewesen wäre.
Wurstgedanken
Zu einer Zeit, als die US-Amerikanischen Befreier der Welt vom Versuch der deutschen Nazi-Barbarei, diese sich mit Hilfe abscheulichster Verbrechen untertan zu machen (»heute gehört uns Deutschland und morgen…«), sich von der demokratisch-juristischen Aufarbeitung dieser »Verbrechen gegen die Menschheit« allmählich verabschiedeten und sich auf den Systemkonflikt zwischen westlichem Kapitalismus und sowjetischem Staatskapitalismus zu konzentrieren begannen, entstand in Berlin auf dem Schutt von tausend Jahren eine gigantische Abhörstation für den sowjetischen Funkverkehr: der Teufelsberg. Heute bietet der infolge des massenhaften und selbst durch Tonnen an Bomben nicht zu brechende »Widerstand« des damaligen »Wir sind das Volk!« angefallene und später zum Hügel aufgetürmte Schutt eine wunderbare Aussicht über die alte und neue Hauptstadt Deutschlands.
Was wäre Berlin ohne Currywurst? Also auf zum Mittagessen bei »Curry 36«. Der SUV umkreist mangels Parkplatz den Block während die Begleiterin »zwei Curry vegan« bestellt. Dann doch lieber zu »Konnopke's« am anderen Ende der Stadt.
So gestärkt passt es dann auch zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort anwesend zu sein: Der sprachbegabte Chronist konnte seine unterstützende Übersetzungshilfe einem kleinem Grüppchen der »Antiverschwurbelten Aktion« zur Verfügung stellen, die gerade einem offensichtlich verirrten Häufchen süddeutscher Querdenker nachdrücklich den Heimweg zeigen wollten, was aber dann doch von einem Trupp herbeigeeilter Schutzpolizist:innen verhindert wurde.
Nach weiteren kleineren und ungeplanten Programmänderungen – so enschloss sich die Polizei, den alljährlichen »Zug der Liebe« der Raver-Szene mit einem Großeinsatz und wegen »Verstoß gegen die Hygieneauflagen« aufzulösen und für den Chronisten war auch noch ein kurzer Abstecher zum Geradedenken am Potsdamer Platz angesagt – ging es dann endlich zum Abendessen in die von Einheimischen eindrücklich empfohlene »Fischfabrik«, wo der Abend dann bei einem perfekt medium-rare gegrillten Thunfischburger ausklingen konnte.
Prenzi: Mit dir eine Stadt zu erkunden steht ganz oben! Deine Berichte zu lesen ebenfalls. Freue mich schon auf Teneriffa.
Teneriffa
Das zweite Ziel, ursprünglich für ein überraschendes Vorgeburtstagsessen ausgewählt, ist die Heimatstadt der »Düsterboys«. Dass ich es trotz Lokführerstreiks planmäßig und pünktlich dorthin schaffe, ist einzig dem deutschen Berufsbeamtentum (Streikbrecher) und der Privatisierung des Zugverkehrs (Abelio) zu verdanken.
Das eigentlich als Geburtstagsüberraschung geplante gemeinsame Essen wurde leider zum Einzelvergnügen des Chronisten, dafür blieb dann aber etwas mehr Zeit für eine kleine Erkundung der »Stadt der zwanzig Minuten«.
Ein erster Ausflug führte auf den Spuren von Johnny Vermessen, der größten »Sau zwischen Dortmund und Essen«, zum Drehort der Teneriffa-Clips der Düsterboys und -girls, in die Werrastraße, dorthin, wo eine der Stadtautobahnen des Ruhrpotts ein Wohngebiet genau ein der Mitte durchschneidet. Leider fehlte mir eine Tanzbegleitung, so dass es vom Weg mit Musik im Ohr nur Standbilder gibt. Auch das obligatorische Blümchen hätte ich mir selbst pflücken müssen.
Harry »Heinrich« Heine wurde in Düsseldorf geboren. Noch immer erinnert ein Denkmal an den großen Dichter. Vom Wohnhaus seiner ersten Geliebten (der »Hundsburg«) blieb fast nichts mehr übrig. Auch vom Misthaufen (der Geschichte), auf den er seinen einstigen Tanzlehrer schmiss, ist nichts mehr übrig geblieben. »Sy Freudhold Riesenharf« (sein Pseudonym-Anagram) ruhe sanft. Was bleibt, ist, dass er seine damalige Geliebte, das »rote Sefchen«, die Tochter des Scharfrichters, »nicht bloß aus zärtlicher Neigung, sondern auch aus Hohn gegen die alte Gesellschaft und alle ihre Vorurteile« küsste.
Die »längste Theke der Welt«, lässt sich nur mit durch das kleine Fenster verkauftem »Killepitsch« im »Et Kabüffke« ertragen, der wahrscheinlich nur deshalb erfunden wurde. Es ist wohl wie mit dem »Becherovka«: Von Einheimischen für Einheimische. Bis ich endlich trinken konnte, musste ich meinen Becher sieben (!) anderen Tourist:innen, die »das« auch schon immer mal trinken wollten, als Fotomotiv zur Verfügung stellen.
Danach ging‘s ins »Veedel« zum Abendessen und die Wahl fiel aufs »Krönche«, wo niemandem ein Zacken aus der Krone fällt. Frikadelle mit Bratkartoffeln und ein schöner, leichter Grauburgunder sind der passende Abschluss des lauen Abends an der belebten Ecke: »Guck mal, der fotografiert sein Ei!« Einen musikalischen Absacker gibt’s dann noch bei Mutti (nein, nicht bei der, auch wenn das CDU-Büro in Fußentfernung ist). Die lokale Rentnerband hat aber bestimmt schon mal deutlich bessere Zeiten gesehen und der Name »Beer & Music« ist bierernst gemeint: es gibt keinen Wein!
So bleibt noch etwas Wach-Zeit für die Chronistenpflicht und Übersetzerkür im killepitschfreien Kabüffke.