Kochen für Freunde
ist der Titel eines Züricher Kochbuchs, das seit einigen Jahren vielgenutzt in meinem Bücherregal steht und dem ich schon immer am liebsten den Titel »Kochen für und mit FreundInnen« gegeben hätte. Gemeinsam genießen, in der Küche und am Tisch, erlaubt uns schon heute einen Schlüssellochblick auf ein mögliches aber leider in die Ferne gerücktes Leben fern jeder Mühsal und Plage tagtäglicher Arbeits- und Existenzzwänge zu werfen. Spät, aber nicht zu spät, findet ihr auf dieser Seite eine unvollständige Erwähnung jüngster Gerichte, die ich alleine oder gemeinsam zubereiten durfte und in einer wechselnden aber immer angenehmen Gesellschaft umgeben von FreundInnen genießen konnte.
Bei animierten Bildern landet ihr über einen Klick auf das Bild zu einer Folgeseite, die mehr Details zum jeweiligen Genussereignis zeigt. Ansonsten gelangt ihr mit einem Klick auf die hervorgehobenen Textpassagen direkt zu einem der dazugehörigen Rezepte. Viel Spaß beim Nachkochen und Nachbessern!
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Einschläfernd und eingängig kochen…
…ist eine Fertigkeit, die der kochende Chronist schon mehrfach unter Beweis gestellt hat. Sich dabei tatsächlich auf nur einen Gang zu beschränken, erfordert aber ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin, sind doch Hände-, Füße- und Mundstillhalten keine ausgeprägten Stärken des Kochs und des alles überwachenden Katers. Aber: Heureka! Es ist vollbracht!
Für das heutige kleine Abendessen fanden sich glücklicherweise ein paar experimentierfreudige und nach einem langen Arbeitstag auch hungrige Mitesser:innen, die dem Chronisten aktiv dabei halfen, das Problem eines übervollen Gefrierschranks gepaart mit seiner unmöglichen Zurückhaltung beim Anblick eines schönen Stücks gepökelten und deutlich rabattierten Schweinebratens an einer einladenden Fleischtheke zu lösen.
Mit der versprochenen Zurückhaltung beschränkte sich das Abendessen auf einen kleinen Aperitif (ein Blaubeer-Basilikum Gin Fizz, der so verbesserungswürdig ist, dass es dafür noch kein Rezept gibt) als Begleitung für das von der Gastgeberin vorbereitete, aber vom dafür nicht qualifizierten Koch deutlich zu sehr gebräunten Baguette (der Fachkräftemangel zeigt sich auch in der Mö27) mit Salz und Olivenöl gefolgt von einem Miso-Pökelbraten mit Gemüsereis und Salat, alles in einem Gang. Für die Weinbegleitung konnte sich der Koch nicht so richtig entscheiden, weshalb er die Qual der Wahl den Gäst:innen überließ: Zur Wahl standen ein Fläschchen Rosato (»Barüs« von RiDaRoca) und zwei Fläschchen »Pelaverga« vom Weingut Cadia, beides Weine aus dem Piemont.
Den Abschluss bildete ein Pfefferminz-Schoko-Bourbon-Café, begleitet von ein paar Schoko-Salzbrezeln zum Knabbern.
Vielleicht sind ja solch schöne Abende auch der Auftakt zu einem neuen Generationenvertrag: Die Jugend geht arbeiten und die pensionierten Alten kümmern sich ums leibliche Wohl…
Virginia: Ein tolles Abendessen!! Da bekomme ich Lust, an weiteren Experimenten teilzunehmen. Es war vorzüglich! Dankeschön lieber Martin.

Quattro Stagioni im Neuen Jahr
Der Faulheit des pensionierten Chronisten geschuldet (die sich glücklicherweise nur aufs Protokollieren nicht aber aufs Kochen auswirkte), gab es in den letzten Monaten zwar immer wieder mal kulinarische Zusammenkünfte in der Mö27 aber keinen Blog-Eintrag, der davon und darüber berichtete.
Der Chronist gelobt nun Besserung, was er mit diesem Bericht über das erste Mö27-Essen im Neuen Jahr 2024 unter Beweis stellt. Bei dieser Zusammenkunft waren dann auch gleich zwei ganz seltene aber gleichzeitig auch ganz liebe Gäst:innen anwesend, denen der Abend und das Essen nach eigenem Bekunden auch gemundet haben.
Als kleine und dezente Ouvertüre gab es wieder mal ein herrliches und frisch gebackenes Baguette der Chefin des Hauses, begleitet von Salz und Olivenöl, ein paar eingelegte Oliven und Pilze und einem zum exquisiten Brot. Flüssig begleitet wurde dieser Auftakt von einem die Stimmung fördernden »augusto brut«, ein nach klassischer Champagnermethode bereiteter otwein-Spumante von Claudio, einem alten Anarchisten und Winzer-Urgestein aus dem Piemont. Dieser Sekt erinnert dann auch daran, dass sich ein paar der Anwesenden bei einer einst in Heilbronn existierenden »Anarcho-Gruppe« getroffen und kennengelernt haben.
Angesichts frostiger Außentemperaturen, verlangte die Speisefolge nun nach einer wärmenden »zuppa invernale«, einer winterlichen Maronen-Apfel-Suppe. Einer Gästin verlangte es dabei nach noch mehr Wärme, die der Kater auf dem Schoß liefern durfte, auch wenn sich das Löffeln der Suppe damit etwaws schwieriger gestaltete. Da dank noch relativ stabiler Neigung der Erdachse auf jeden »invernale« eine »primavera« folgt, wurde dieser Gang von etwas Sprudelndem begleitet: Ein weißer Frizzante aus dem Veneto, dem der kuba-affine Winzer Massimo Mutta den Namen »Maranghin« verlieh.
Fisch muss schwimmen und das setzt sich auch bei der Zubereitung fort. Der Lachs des Fischgangs durfte deshalb fast einen Tag lang in einer Honig-Senf-Marinade baden. Dazu gab’s dann einen immer noch »estivo« erfrischenden »Barüs«, ein herrlicher Roséwein aus dem Weingut RiDaRoca im Piemont.
Um den Jahreszeitenwechsel komplett zu machen, ging es mit einem Rinderbraten weiter, der sich mit spätsommerlichen Pflaumen eher »autunnale« gab. Dazu passt dann natürlich kaum etwas anderes als ein schön gereifter Barbera! Zum sehr lang im Wein mariniertem Braten fiel die Wahl auf einen »Barbera del Monferrato Superiore« des Weinguts Bellati in Acqui Terme aus dem Jahr 2018, dessen an Pflaume erinnerndes Bouquet hervorragend mit der Bratensauce harmonierte.
Der süße Ausklang des Essens, ein Feigen-Walnuss-Eis mit Zimtkeksen genügte zwar geschmacklich den Ansprüchen des Kochs, ließ aber in seiner Konsistenz zu wünschen übrig, sodass es zum Eis ein Rezept erst nach einem neuerlichen Versuch geben wird. Angesichts des zu diesem Punkt bereits ausgiebig genossenen Weins wurde allgemein auf den eigentlich dafür vorgesehenen Süßwein verzichtet, was aber der guten Stimmung am Tisch keinen Abbruch tat.
Mit diesem Auftakt im Neuen Jahr freut sich (nicht nur) der Koch auf weitere Fortsetzungen in ähnlich angenehmen und genussfreudigen Runden.

»In Vino Veritas« oder »die Magnums«
Beim nun schon traditionellen Entenessen in der »Sonne-Post« in Neuhütten, beschloss das dort anwesende wilde Dutzend die Befreiung eines Teils der im Keller der Mö27 lagernden Magnum-Flaschen piemontesischen Weins in Angriff zu nehmen, womit die Idee eines weiteren gemeinsamen Genussabends geboren war.
Da zum Wein auch feste Nahrung gehört, eröffnete der Abend mit Antipasti, zweierlei Salami und Pancetta aus dem Piemont, begleitet von einem Favorita vom Weingut RiDaRoca in regulären Flaschen.
Der Primo war ein Apfel-Shrimps-Risotto von der Königin des Reises, dem Riso Carnaroli von Luca Saviolo aus Greggio. Dazu gab es ein (für manche auch zwei oder drei) weitere Gläschen vom Favorita.
Damit war die Grundlage für die lang erwarteten Magnumflaschen geschaffen, beide vom Weingut RiDaRoca: je eine Magnum-Flasche Langhe Nebbiolo und Roero. Passend zu den Weinen gab es einen begleitenden Secondo: Ein Färsenbraten nebst hausgemachten Erbsen-Minze-Gnocchi und Safran-Möhren. Leider geriet der Färsenbraten viel zu trocken (weshalb es hierzu auch kein Rezept gibt), um den exzellenten Weinen gerecht zu werden, Contorni und Soße konnten aber ein wenig darüber hinweg trösten.
Der Wein für die Nachspielzeit (ein Freisa »Madama Puan« von La Viranda) und das von der Hausfrau gewählte Dessert zum von ihr perfekt zubereiteten Espresso kompensierten das Scheitern des Kochs beim Hauptgang und verhalfen dem Abend zu einem angenehm entspannten Ausklang.
Virginia: Das Menü war hervorragend, das Risotto war ein Traum, ebenso die Erbsen-Minze-Gnocchi. An die Safran-Möhren kann ich mich leider nicht mehr erinnern, der Färsenbraten lag in feiner Soße und war somit nicht trocken. Ein rundherum gelungenes Menü mit sehr feiner Weinbegleitung und lieben Gastgebern und fröhlichen Gästen. So ein schöner Abend! Dankeschön lieber Martin.

»Fuchs du hast die Gans gestohlen …
… gib sie nicht mehr her«, ist dem heutigen Abendessen angemessen: Die aufgetischte Martinsgans ist weit enfernt vom christlichen Ursprung des vortäglichen Namenstags des Chronisten und gleichzeitig nah an der neugewonnenen Befreiung von der Arbeit (germanisch: »mühseliges Werk«, althochdeutsch: »Mühsal, Plage, Leid, Erdulden«) zum Übergang vom orbho (»Knecht«), vom arbejo (»verwaistes und zu harter Arbeint gezwungenes Kind«), zum fröhlichen und die letzten Jahre genießenden Kind, die es niemals wieder hergeben wird.
Dass die Herausforderungen im Ruhestand nicht kleiner sondern allenfalls anders werden, zeigte sich bereits darin, dass mit der kleinsten zweistelligen Primzahl dieses Ma(h)l die Normgrenze für den von einem Anwesenden mitkonzipierten Tisch geringfügig überschritten wurde. Da auch die benötigte und nichtessbare Grundlage für das Essen nebst Werkzeug in der Mö27 entsprechend normiert ist, musste auch dabei leicht improvisiert werden. Kuscheln mit netten Menschen wärmt aber nicht nur den Körper (und entspricht daher nicht nur grün-kapitalistischer Ideologie) sondern auch die Seele. Und die Abwechslung vom Gleichklang bei Besteck und Teller erinnert an Bunuels »diskreten Charme der Bourgeoisie« und seiner konsequenten Ablehnung jedweder Symmetrie.
Zur Einstimmung auf den Abschiedsabend für den Wandergesellen (besser: Wandermeister) gab es zunächst mal einen kosmopolitischen Cocktail: einen Limoncello Spritz mit einem nachhaltig und verborgen intrigierenden Sekt vom Weingut RiDaRoca im Piemont. Die »kleine Wilde«, der Roero Arneis von Produttori di Govone, begleitete den Einstieg zur festen Nahrung des Abends: Zweierlei Salami und Kräuterpancetta für die Fleischliebhaber, dazu noch Oliven, Käse und Tomaten für die Fleischlos- und Allesesser:innen. Auch den Paprika mit warmer Sauce (»Bagna Cauda«) gab es nicht nur mit Sardellen sondern auch in einer im Piemont eher atypischen fischfreien Variante.
Den eigentlich als Zwischengang von der Gastgeberin vorbereiteten Salat (damit auch die gesunde Frische nicht zu kurz kommt) gab es, dem schlechten Zeitmanagement des angehenden Rentners geschuldet, bereits vor dem Primo, sozusagen als verlängerte Vorspeise. Zum Salat gab es einen Sauvignon Abrigat vom Weingut Cadia.
Als Primo folgte ein Apfelrisotto mit Gorgonzola, die von einem guten Freund kreierte hannoversche Variante des als ersten Gang in Italien hochgeschätzten und variantenreichen Risotto. Zur mit Apfel und Gorgonzala harmonierenden Weinbegleitung gab es einen Barüs, das piemontesische Wort für »quasi rosso«, ein Rosé-Cuvée von RiDaRoca.
Als Hauptgang gab es die bereits eingangs erwähnten Gänsekeulen mit Kartoffel-Lauch-Gemüse, die vegetarische Alternative für die Last-Minute-Gästin war ein Kürbis-Kartoffel-Auflauf. Bei der Gemüsebegleitung zu den Gänsekeulen, fiel der eigentlich dort auch vorgesehene Kürbis der Vergesslichkeit des Kochs zum Opfer. Begleitet wurden beide Variationen des Secondo von einem »Cerea« einer für ein Jahr im Akazienholfass gereiften Variante des bereits eingeführten Roero Arneis von RiDaRoca.
Den süßen Abschluss brachte ein Apfelsorbet aus der gemeinschaftlich bewirtschafteten Eismaschine nebst Espresso aus von der Gastgeberin quasi handverlesenen Bohnen und einem Gläschen vom Kochrest an Calvados im Glas, für alle, die das mochten.
Da nach getaner Arbeit, die ja jenseits althochdeutscher und kapitalistischer Tradition durchaus auch Gebrauchswert und individuelle Nützlichkeit schaffen kann, und angesichts gefüllter Bäuche, die den Übergang vom »Reich der Notwendigkeit« ins »Reich der Freiheit« im zugegeben beschränkten Rahmen dieser Runde zumindest erahnen lassen, immer noch Raum für einen erholsamen Ausklang besteht, steht ein bereits geöffneter »Magna« Barbera d’Alba Superiore von Roberto Ferraris zur Unterstützung und Untermalung hochgeistiger Abschiedsgespräche bereit, ganz besonders für die an diesem Abend etwas zu kurz gekommenen Rotweinliebhaber.

Finale Wellen
Nachdem hierzulande Corona offiziell für beendet erklärt wurde und die Nachrichtenlage vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bestimmt wird, kann sich der Koch der Mö27 endlich wieder anderen Themen, wie zum Beispiel den »Schurkenstaaten« dieser Welt widmen. Leider übersteigt die Anzahl der dafür eigentlich nötigen Gänge das Aufnahmevermögen der heute vertretenen Gäst:innen. Dabei wurden die gewohnt lieben Gäst:innen dieses Mal durch jugendliche Begleitung (zur Senkung des Altersdurchschnitts) verstärkt und der bereits gedeckte Platz des leider krankheitsbedingt ausgefallenen frischgebackenen Meistervaters wurde kurzfristig und dankenswert spontan von einer nicht allzuweit entfernt wohnenden Freundin eingenommen.
So ging es im Schnelldurchgang über italienische Antipasti (Salami und Käse) nebst intrigierendem Spumante weiter zur Suppe, die eigentlich als russische Pelmeni-Suppe gedacht war. Da aber russische Pelmeni nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine in deutschen Supermärkten nicht mehr erhältlich sind, musste der Koch von der russischen auf die italienische Mafia ausweichen und auf Tortelloni zurückgreifen. Zum Glück gibt es den zum Kochen notwendigen Wodka immer noch aus dem homophoben EU-Polen (vielleicht ein Kandidat für das nächste Schurkenstaatmenü). Für die weniger Intriganten gab es zur Tortelloni-Suppe ein Weißweincuvée (Montemagno und Viarigi) aus dem Piemont.
Zum syrischen Fisch gab es einen hausgemachten Grünspargelsalat der Hausherrin, dessen Spargel mit Sicherheit direkt vom Hof (wenn auch nicht vom Hofreiter) kam und damit jeden Zweifel am grün-gelb-roten Nationalbewußtsein der Küche ausräumen konnte. Als vegetarische Variante gab es stellvertretend für den Fisch »Halloumi«. Leider sorgte die bekannte Schussligkeit des Kochs für einen engen Kontakt des vegetarischen Gerichts mit der Tischdecke, bevor auch dieser Gang seinen Platz auf dem Teller des jungen Vegetariers fand.
Zum Zwischengang ging es mit einem Glasnudelsalat nach (Nord-)Korea, wo die herrschende Clique auch gerne mal zu importiertem französischen Wein greift, weshalb dieser Gang von einem Weißweincuvée aus dem »Entre deux Mers« im Bordeaux (ganz in der Nähe der Waffenschmiede »Dassault« gelegen) begleitet wurde. Dieser Zwischengang wurde von den Gäst:innen mehrheitlich zum »Highlight des Abends« gekürt und es gibt auch bereits erste Anfragen nach dem (wie üblich) während des Kochens dokumentierten Rezept, das sich auch hier findet. Leider vergaß der Chronist dieses Gericht im Bild festzuhalten, weshalb auch er es nochmals kochen »muss«. Begünstigt wurde diese hauptsächlich altersbedingte Vergesslichkeit sicherlich auch durch den Zuspruch, den die leckeren Weine auch beim Koch fanden.
Wenn‘s schon um Atommächte geht, darf natürlich die Möchtegern-Atommacht Iran mit dem Nationalgericht »Fesenjan« nicht fehlen. In der vegetarischen Variante des Hauptgangs wurde das »Pollo Fino« durch ein Potpourri aus gedünstetem Gemüse ersetzt. Da kein Ayatollah durch das Fenster der Mö27 spechtete, gab es zu diesem Gericht eine Magnumflasche Barolo vom Weingut »Cadia«, die schon längere Zeit auf einen geeigneten Anlass warten musste.
Der süße Abschluss eines wunderschönen Abends im Kreis liebgewonnener Freund:innen war ein Sahne-Karamell-Eis begleitet von einem Moscato des Weinguts »Bellati«.
Nach einem so wunderschönen Abend fiel es dem Koch leicht, angenehm beschwingt von guten Gesprächen, lieben Gäst:innen und auch gutem Wein unter Zuhilfenahme des letzten Rests vom Barolo in der Kombüse Klarschiff für eine hoffentlich baldige Wiederholung mit neuem Programm zu machen.

Surfing the waves
Auch heute erwartet die Freund:innen ein gedeckter Tisch mit allerlei Antipasti. Passend zum am Vortag offiziell verkündeten Beginn der sechsten COVID-Welle in Deutschland, trifft sich ein illustrer Kreis aus multipel Geimpften und wohl auch deshalb Genesenen, alle dem gleichzeitig großartig angekündigtem Ende der Pandemie trotzend.
Zu den wurst-fisch-käsigen Antipasti (es waren keine Veganer:innen anwesend) gab es den mittlerweile bekannten »Intrigant!«-Spumante nebst Pizzetta. Auf besonderen Wunsch eines seltenen aber gern gesehenen Gastes gab es dieses Mal auch Bier als Begleitung, was den Abend aber unberührt im Treppenhaus überstanden hat.
Danach erwartete die Gäst:innen eine Maissuppe mit einem vom Koch im Automaten gebackenen Buttermilchbrot. Das Brot fand dabei sogar die Gnade der Hausfrau, als »bislang bestes Brot« des Kochs. In Vorgriff auf den Fischgang wurde die Getränkeauswahl um einen piemontesischen Chardonnay erweitert, damit auch garantiert niemand zu kurz kommt.
Die von ihrer harten Schale befreiten und deshalb nackten Fisch-Tacos entführten auf einen anderen Kontinent und wurden von einem spanischen Bohnenreis begleitet, angelehnt an die spanischen Eroberer der Neuen Welt.
Der Hauptgang, ein indisches Huhn, erinnerte mit einer indisch gewürzten europäisch-amerikanischen Beilage (Kartoffeln mit Blumenkohl) an mangelndes Wissen der Conquistadores, die glaubten, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben, bevor sie die Bevölkerung des neu entdeckten Kontinents niedermetzelten. Als passendes Getränk zu solch epochalen Gedanken mussten dann gleich zwei Barolo ins Glas, Jahrgang 2008 und 2012.
Zum Abschluss des Essens (aber nicht des Abends) gab es ein Pfirsich-Joghurt-Eis begleitet von Espresso und allerlei Prozentigem, darunter auch von einem Gast als »Eule nach Athen« mitgebrachter Grappa. Besonderen Zuspruch fand erneut der »Génépi« aus dem Aosta-Tal, für den es bereits wieder dringenden Nachschubbedarf aus Italien gibt.
Wie nicht anders erwartet: Ein schöner und genussreicher Abend mit lieben Gäst:innen!

Omikron
Auch im zweiten Pandemie-Winter und Omikron trotzend versammelt sich eine Handvoll dreifach Geimpfter zum mittlerweile traditionellen, der Jugend geschuldet veganen, Weihnachtsessen.
Dieses Mal hat der Koch auch dazugelernt und es gibt neben Wasser noch ein weiteres alkoholfreies Getränk: Ein »Amé Succo d'Uva Moscato« einer begnadeten Winzerin aus dem Piemont. Noch heute schmerzen die Striemen der Selbstkasteiung, verabreicht angesichts der Vergesslichkeit des Gastgebers, als die Frage nach Alkoholfreiem bereits beim letzten Essen aufkam.
Den Auftakt des Essens bildete ein Avocado-Hirse-Tatar begleitet von einem intriganten Sekt vom Weingut RiDaRoca im Piemont. Flüssige Folge war eine Sellerie-Obst-Suppe, zu der es einen Chardonnay vom piemontesischen Weingut Cadia gab. Solcherart vorgespannt und immer noch mit der Bedienungsanleitung des Weihnachtsgeschenks beschäftigt, ging es weiter zum Hauptgang: Maronen-Polenta mit Rotkraut begleitet von einem Nebbiolo des bereits eingeführten Weinguts Cadia. Zum süßen Abschluss gab es einen Mandelmilchreis, begleitet von einer einzelnen Menschen schon bekannten Arneis-Spätlese. Leider musste die Frau des Hauses an diesem Abend noch zur Arbeit, so dass der schöne Abend dann schon etwas früher als gewohnt zum Ausklang kam.

Masel Tov
»Viel Glück« war das Thema eines weiteren Abends in der Mö27 und dieser wurde deshalb auch von einem Masel-Tov-Negroni mit Gin von der Alb und Wermut aus dem Piemont nebst etwas Salami (ebenfalls aus dem Piemont) eingeläutet. Zu den auf dem Fuß folgenden Butterbrody gab es als kosmopolitische Begleitung einen »Intrigant!«-Sekt, ebenfalls aus dem Piemont. Die bodenständige Suppe aus israelischem Sellerie und deutschen Birnen wurde von einem Gewürztraminer aus der Pfalz abgerundet.
Da der eigentlich vorgesehene Gerhard-Polt-Film »Man spricht deutsh« in der Stadtbibliothek anderweitig ausgeliehen war, gab es stattdessen den überaus sehenswerten Kurzfilm »Masel Tov Cocktail«, um der sich um COVID-Patient:innen kümmernden spät ankommenden Klinikbeschäftigten etwas Zeit zum Luft- und Nachholen einzuräumen.
Kulturell gestärkt ging es weiter zum ungefillten Fisch nebst Rossato und das gelierte Gin-Tonic-Wasser führte direkt zum Hauptgang des Abends: ein auf jamaikanische Art gebräunter Rasta-Ochsenschwanz mit Dolcetto.
Zum festen und sättigenden Abschluss des Abends gab’s noch etwas Ziegenkäse mit Kaki-Mus aus freundschaftlich verbundenem Obst-Anbau. Danach war zum Ausklang eines schönen Abends in überaus angenehmer Runde nur noch Flüssiges in Form von Espresso und Restwein angesagt …

Das Handwerkeressen
Wäre der Chronist Sozialdemokrat, dann hieße es wohl: »Wer gut arbeitet, soll auch gut essen.« Ohne Drang zur (sozial)demokratischen Elite bleibt die Erkenntnis, dass gutes Essen auch (und vor allem) ohne Arbeit Sinn und Spaß macht! So war das Essen eigentlich als Hand-, Kopf-, Fuß- und Nichtwerker:innenessen gedacht. Wegen dringender Tanzverpflichtungen fielen die Fußwerkerinnen (bis auf die Gastgeberin) leider aus und das Essen blieb dem übriggebliebenen aber sehr angenehmen Rest vorbehalten.
Während sich der Koch um die Birnen-Bruschette als Begleiterinnen der piemontesischen Antipasti kümmerte, baute die Gastgeberin den COVID-entsprechend medizinisch hochwirksamen Negroni nach vorgegebener Bauanleitung in einer kräuterhexenkompatiblen Variante mit »Perice Chinato« statt »Vermouth«. Auch der Gin war ein besonderer: Ein Allgäuer-Alpen-Gin, vor längerer Zeit von lieber Verwandtschaft aus dem Allgäu überbracht. Zu den Antipasti selbst gab es dann die letzte Flasche eines erlesenen Pinot-Sekts vom Weingut Stengel.
Von der Traufe in den Regen ging es weiter zu verschärften »roten Socken« in Gestalt einer Rote-Bete-Suppe begleitet von einem Grauburgunder vom Weingut Breiling, dessen vorzügliche Eignung als Koch- und Trinkwein bereits beim »Vorkochen« nachgewiesen werden konnte.
Der Fisch muss schwimmen … und wenn es auch keinen Lachs im Neckar gibt, so doch wenigstens einen regionalen Wein: einen Wildmuskat Rosé vom Amalienhof.
Damit es auch endlich was in den Magen gibt, ging es weiter zur Primo Piatto, dem ersten Gang. Pasta mit Artischocken und dazu ein Barbera: »La Sopa« von der Viranda. Willkommen im Piemont!
Zum französisch inspirierten Huhn führte der Weinweg in die Toscana: Ein Sangiovese »Brunello di Montalcino«, Jahrgang 2007. Die letzten beiden Flaschen aus dem Keller der Gastgeberin wurden jeweils ohne und mit Dekanter probiert und haben den Geschmack der Gäst:innen an diesem Abend besser als der vorausgehende Barbera getroffen.
Den süßen Abschluss des wunderschönen Abends bildete ein Birnen-Panna-Cotta, begleitet von einem dezent süßen Langhe Arneis Passito. Espressi und zweierlei Grappe aus dem Piemont (Barolo und Ruché) sowie ein paar Haselnüssen zum Knabbern erinnerten alle Teilnehmenden daran, dass leider auch der schönste Abend irgendwann mal ein Ende finden muss. Zum Abschied war aber auch klar, dass dies nicht das letzte Essen in dieser Runde bleiben wird und vielleicht wird ja das Jahr 2022 etwas weniger arbeitsreich, so dass vielfältigen Wiederholungen nichts im Wege stehen sollte.

Welt-Gin-Tag
Das warme Licht der Abendsonne machte jenes gerüttelt Maß an »hochgradiger Selbstbeherrschung« überflüssig, in der sich W. C. Fields übte und deshalb peinlich genau darauf achtete, »vor dem Frühstück niemals etwas Stärkeres als Gin« zu sich zu nehmen.
Dennoch blieb der als Aperitif durchaus geeignete Absinth im Schrank, als sich die beiden Südstadtindianer porche no zu einem eingängigen Essen in gemütlicher Nachbarschafts-Atmosphäre versammelten.
Dass es zum Fisch auch Wasser gab und die dem Jahrestag angemessenen Cocktails von alkoholfreien Varianten begleitet wurden, hätte dem erklärten Atheisten und begnadeten Schauspieler Fields möglicherweise den Aufschrei »Blasphemie!« entlockt, falls ihn die Kombination aus Fisch und Wasser nicht ohnehin sprachlos gemacht hätte.
Zum süßen Abschluss des Essens und passend zum Kaffee, fanden sich dann auch noch ein paar versteckte »Hermits« in ihrem Blechhäuschen.

Oh, wie schön ist Teneriffa
Sich vom »Revenge-Tourismus« fernhaltend, bleibt der Chronist lieber in den heimischen Gefilden der Mö27, statt wie Herr Trittin zum ökologischen Wandern nach Malle zu jetten. Glücklicherweise finden sich noch ein paar Gäst*innen, die es ähnlich halten. So bleibt an diesem Abend, als Ausblick auf die Insel, nur die Erinnerung an ein »Teneriffa« mitten in D'dorf.
So sollte die dritte Etappe der mit dem für die Mö27 erneut ausgefallenen Feiertag gestarteten Tour des Menus die gerne wiedergesehenen Gäst*innen in die kosmopolitischen Tief- und Abgründe des Potts entführen. Musikalisch eingerahmt wurde der Abend durch die »Düsseldorf Düsterboys«, deren oftmals an beste dadaistische Traditionen im Ruhrgebiet erinnernde Lyrik von minimalistischer aber ausdrucksstarker Musik begleitet wird. Eingeleitet wurde der Abend von einem Ruhrpott-Tequila (mit Wurst und Senf), in nach Gusto wählbaren Drehzahlen von 0 bis 38°, nebst den dazu passenden Alkoholgedanken der vier Jungs aus dem Pott. Damit auch der sinnliche Ernst des Lebens nicht zu kurz kommt, gab es natürlich auch noch eher traditionelle Antipasti, begleitet von einem Pinot-Chardonnay-Sekt von Martin Waßmer, einem Mitbringsel lieber Gäst*Innen zur bereits erfolgreich beendeten vorausgegangen Etappe.
Zur Spinatsuppe, die sich rot-weiß garniert in den Farben von RWE zeigte, gab es endlich den von manchen schon sehnsüchtig erwarteten Messwein aus der Pfalz, einen Grauburgunder aus dem Weingut Breiling.
Rot-weiß in flüssiger Form formte den angemessenen Rahmen für die beiden Hauptgänge: Ein Langhe Nascetta aus dem Piemont und ein Syrah aus dem Pays d'Oc sollten jedes Sakrileg (Küchenfrevel mit acht Buchstaben) bereits im Keim ersticken. Für den ersten Gang, eingeläutet von einem Ausflug nach Teneriffa, bildete leider etwas zu dünn geschnittener Speck, sehr kross auf dem Grill gebraten, das stabile Fundament für einen stilechten BLT, der zum Selbstauftürmen als Bausatz auf den Tisch kam. Der zweite Streich war asiatisches Ingwerfleisch, schließlich beherbergt Düsseldorf ja die mit mehr als 6.500 Menschen größte japanische Community in Europa, weshalb der Ladies-Ausflug nach Teneriffa zu diesem Gang nicht fehlen durfte. Apropos Ladies: Erwähnenswert ist wieder einmal die Lernfähig des Kochs … zu beiden Gängen gab es tatsächlich auch noch Salat!
Kaffee aus der Küche begleitete das abschließende und jahreszeitlich angemessene Dessert, das es wie andere Flüssigkeiten gleich in zwiefacher Variante gab, um jedwedem Anflug häuslicher Zwietracht aus dem Weg zu gehen: Mit Erdbeeren vom Lieblingsverkaufsstand der Frau des Hauses und mit ebenso lokal angebauten Erdbeeren aus dem Supermarkt. Der angebotene Schlussakkord in Form von den Magen schließenden Käse wurde, wie mittlerweile schon beinahe gewohnt, von allen Gäst*innen ausgeschlagen.
Zur musikalischen Untermalung geHÖRig, war das passende Mitgebsel schnell gefunden: Eine kleine Zusammenstellung neuerer Kreationen des großen und bekannteren Bruders der »Düsterboys« auf einer CD der »International Music«. Für die »Süßen« gab es dazu auch noch ein paar russische Lebkuchen.

Alle Tage Feiertag…
Zwar musste auch dieses Jahr das eigentlich bereits zum 8. Mai 2020 vorgesehene Feiertagsmenü erneut pandemiebedingt ausfallen, aber der Koch der Mö27 hat sich dennoch und ersatzhalber dazu entschlossen, dieses Essen, quasi einem inneren Drang zur sequentiellen Monogamie folgend, in wechselnder, aber immer liebgewordener und immer gern aber viel zu selten genossener, Begleitung COVID-konform zu realisieren.
Zu den Antipasti und auch zur auf dem Fuß folgenden Pastinaken-Erdnuss-Suppe gab es zunächst mal einen erlesenen Pinot-Sekt aus der lokalen Edelkellerei Horst Stengel, der die an die Qualität dieser Kellerei gestellten Ansprüche zur Gänze befriedigte und dabei auch deutlich Lust auf weitere feste und flüssige Erlebnisse machte.
Zum Hauptgang, der mit etwas Huhn eingeleitet wurde, gab es erneut die Qual der Wahl beim Wein: Einerseits der bereits bekannte Sauvignon von der Loire, andererseits die letzten verbliebenen Flaschen eines Bergerac aus dem persönlichen Weinkeller der Frau des Hauses, der bereits bei einem gänzlich anderen Jahrestag Herz und Gaumen (nicht nur) der auch heute anwesenden Gäst*innen erfreut hat. So fiel die Wahl natürlich auf den Bergerac und der Sauvignon blieb für einen anderen Anlass verschont. Als zweiter Hauptgang kam ein Schellfisch auf den Tisch, zu dem sich Sekt und Rotwein weiter eigneten, so dass alle nach Gusto weitertrinken konnten.
Den süßen Abschluss des wieder einmal sehr schönen Abends bildete ein Rosmarin-Panna-Cotta mit einer Tasse Espresso.
Das nun fast schon traditionell zu nennende Mitgebsel war dieses Mal der neu entdeckten Liebe des Kochs zur etwas anders als von ihm gewohnten Weinresteverwertung geschuldet: Verfrühte Pfingsteier nebst passendem Weinsalz und ein eingemachter Rotweinkuchen zum Auslöffeln, und das ganz ohne sich vorher etwas einzubrocken.
Susanne 🙋: Mensch Martin, ich bin schwer beeindruckt und auch bissle neidisch. Undine hat mir den Link zu deinem Blog geschickt, nachdem sie kürzlich von dir kulinarisch verwöhnt wurden. Dass du gut und gerne kochst, hatte ich ja schon mitbekommen. Aber was ich da auf deinem Blog lese, ist viel mehr: deine Texte sind ebenso beeindruckend wie deine Kochkunst - mit Betonung auf Kunst!!! Liebe Grüße von einer zukünftigen Leserin deines Blogs. 😋

Immer locker bleiben…
Angesichts sich überschlagender »Corona-Lockerungen« ist es nur angemessen, dass auch die Außengastronomie der Mö27 erneut ihre Pforten öffnet, wenn auch in sehr kleinem und eng beschränktem Rahmen und natürlich unter penibelster Beachtung der sich beinahe minütlich ändernden Regelungen für Getestete, Geimpfte und Genesene (Verstorbene bleiben dort, wo sie sicher untergebracht sind). Endlich scheint die Merkel-Diktatur besiegt und (wir sind) das Volk tanzt auf den Straßen. Virolog*innen, Epidemolog*innen, Ärzt*innen und andere Wissenschaftler haben Sendepause: Die Pandemie ist besiecht! Ein Bisschen erinnert das schon an den Beschluss des ZKs der KP Chinas im letzten Januar, nachdem die Epidemie in China bis Ende Februar 2020 beendet sein würde, ein Beschluss, dem sich das Virus selbstverständlich ohne Murren unterwarf, so dass seit dem 1. März letzten Jahres China keinerlei Neuinfektionen mehr zu verzeichnen hat (außer natürlich den wenigen aus dem Ausland eingebrachten).
Nachdem sich das Hauptthema des Abends, das gemeinsame Essen, wegen mangelnder Vorbereitung des Gastgebers (fehlende Rauchutensilien) etwas verzögert hatte, erklang dann schließlich doch der Auftakt in Gestalt von immer noch in Restbeständen vorhandenen Antipasti aus dem Piemont gefolgt von einer Apfel-Curry-Suppe. Beides wurde von einem Chardonnay-Sekt aus dem Burgund abgerundet.
Als ersten Akt der beiden Hauptgänge gab es Schweizer Pouletflügeli. Da die korrekte Zubereitung der gereichten Beilage im pandemie-erprobten Belgien (»Working at home is the law and mandatory. Period.«) eine höchst emotionale Wissenschaft ist, hat der Chronist der in der Mö27 erprobten Zubereitungsvariante einen eigenen Rezeptbuch-Eintrag gewidmet. Zur flüssigen Begleitung hatten die Gäst*innen die Qual der Wahl zwischen einem Sauvignon von der Loire und einem Malbec aus dem Cahors. Der einfachste Ausweg aus diesem Dilemma hieß »beides« und in der Tat eignete sich der Rotwein auch für den zweiten Akt des Hauptgangs: Süß-saure Schweinekoteletts.
Zum Abschluss des Abends folgte noch ein Amarettini-Trifle und zum Espresso gab es noch je einen selbstgebackenen Keks. Auf den Käse wurde angesichts der nahenden Ausgangssperre (aber auch wegen der sich mitllerweile einstellenden wohligen Völle) im allseitigen Einvernehmen verzichtet.
Als Mitgebsel für die nach Hause radelnden Gäst*innen gab es noch einen vom Böckinger Urgestein Jörg Ratgeb übersetzten Text zu Marianne Faithfulls neuem Album, an dem sie während des ersten COVID-Lockdowns zu arbeiten begonnen hatte, dessen Fertigstellung sich aber dann doch verzögert hat, da sie sich mit dem Virus infiziert hatte und längere Zeit in der Klinik zubringen musste. Glücklicherweise hat sich das Stehauffrauchen wieder berappeln können und wird uns hoffentlich noch lange (auch musikalisch) erhalten bleiben. Andere Künstler*innen hatten leider weniger Glück und mussten dank des Virus früher als erwartet und gewünscht von der Bühne abtreten.

»Ich zu zweit, was kann schöner sein…
…immer in bester Gesellschaft« sang Jürgen Zeltinger in seinem Lied »Schizophren«. In diesem Sinne plante der Chronist ein gemütliches Abendessen in dergestalt trauter Zweisamkeit, bevor die allgemeine »Öffnungswelle« auf einem, dank ungebremst rauchender Schlote und der dazu notwendigen Kinderaufbewahrung in Kitas und Schule, weiterhin hohen Stand des »Infektionsgeschehens«, überquellender Intensivstationen und einer täglich wachsenden Zahl von Menschen, die das »ungefährliche« SARS-COVID-2-Virus in all seinen schillernden Mutationen nicht überlebt haben, einer überbordenden neuen Fröhlichkeit zum gesamteuropäischen Durchbruch verhelfen soll.
Durch eine kurzfristige und unvorsehbare Arbeitsbefreiung der Frau des Hauses ergab sich zwar die Möglichkeit einer zwiefachen Zweisamkeit zum Abendessen, doch die potentielle Essensbegleiterin zog es dann doch vor, den Abend lieber aushäusig zu vebringen, wahrscheinlich um dem Anblick des gehackten Schweins in vollendeter Gestalt eines »Aargauer Hackbratens« zu entkommen. Zumindest geht der Chronist ganz fest davon aus, dass es keine Flucht vor dem Home-Office-gezeichneten Antlitz des Mö27-Kochs war.
So blieb also alles beim Alten und das mit den vier Augen des Zeltinger-Lieds betrachtete Essen begann mit einem »Schnittchen«, zu dem eine liebe Freundin und begnadete Brotbäckerin die nötige Grundzutat beigesteuert hatte. Danach folgte dann der bereits erwähnte Hackbraten, zu dem sich der essende Koch ein exakt abgemessenes Zehntel eines »Droletta»-Syrahs gönnte. Da mit Ende des Hauptgangs immer noch etwas Rotwein im Eichstrich-Glas verblieben war, wurde spontan noch ein kleiner Käsegang eingeschoben, natürlich nicht ohne die bereits vor längerer Zeit vor- und zubereiteten Honigzwiebeln. Den endgültigen Abschluss dieses einsam zweisamen Essens bildete dann ein »Empire Cookie« begleitet von einem Espresso.
Natürlich blieb noch genügend übrig, so dass der Koch, abgesehen vom schweinernen Braten, der bestimmt spätestens zur Ausgangssperre wieder nach Hause findenden Mö27-Hausherrin noch etwas übrig lassen konnte. Der Braten selbst wanderte vakuumiert in den Tiefkühlschrank, so dass auch für den unwahrscheinlichen Fall eines vollständigen Lockdowns mit von außen vernagelten Türen (wie Anfang letzten Jahres in Wuhan praktiziert), zumindest die Allesesser in der Mö27 keinen Hunger leiden müssen.

Kommt ein Haushalt zu dem Einen…
…der Seeurlaub war kürzer, doch keine Polizei, so waren's plötzlich zwei.
Essen unter den verschärften COVID-Bedingungen der »Bundesnotbremse«. Beim aktuell vorherrschenden Wortschöpfungstempo kann selbst der Chronist, der bei selbigen durchaus kreativ vorbelastet und geübt ist, nicht mehr mithalten. Wahrscheinlich wird die nächste Ausgabe des DUDEN zweibändig werden müssen.
Wie auch immer, nette Menschen kennen auch unter diesen Umständen andere Themen und können trotz alledem ein teil-vegetarisches Abendessen genießen und rechtzeitig vor der Ausgangssperre auch ganz ohne Stress beenden.
Den Auftakt machten ein paar Antipasti begleitet von einem angenehm trockenen Crémant aus den »Caves de la Loire«, der dann auch eine gute Figur zu der Eingangssuppe machte, die in Gestalt einer Rotkohlsuppe auf den Tisch kam. Die dazu passenden Räucherforellenfilets waren natürlich den Nicht-Vegetarier*innen vorbehalten.
Der Hauptgang war ein gehaltvoller Vegi-Braten, begleitet von einer Kapern-Vinaigrette und einem Malbec aus dem Cahors, von dem sich alle Beteiligten eine Scheibe (oder auch zwei Scheiben) abschneiden konnten, halt gerade so viel (oder so wenig), dass auch das Dessert noch passt.
Das eigentlich als süße Überleitung zum Käse gedachte Schoko-Kirsch-Trifle, zu dem es nochmals den bereits erwähnten Crémant gab, wurde dann doch allgemein zum Abschluss des Essens erklärt, sei es, weil sich eine angenehme Völle einstellte oder sei es, weil der Nachklang des süßen Erlebnisses nicht gestört werden sollte.
Während die nette Runde ausklang fand sich auch der Hauskater wieder ein und genoss die ihm von den lieben Gäst*innen zugedachten Streicheleinheiten.

Für Leib und Seele
In Zeiten allgemeiner COVID-Kontaktbeschränkungen und den damit verbundenen Ausgangssperren, ist gemeinsames Kochen und Schnabulieren nur schwierig und begrenzt machbar. Deshalb gibt es zum Geburtstag einer lieben Freundin »Mö27 außer Haus«.
Ein kleiner Präsentkarton aus Küche und Keller der »Mö27« beinhaltet ein paar Gläschen Brotaufstrich: Kürbiskern-Aufstrich, Radieschenpesto, Melanzanicreme und vegane Leberwurst. Zur »Leberwurst« und dem Pesto gibt es auch noch die passenden Radieschen-Pickles. Falls dann der Sinn doch mehr nach Süßem stehen sollte, finden sich auch noch ein paar Biscochitos, die aber durchaus auch das Fernweh stimulieren können (Vorsicht, Nebenwirkungen!).
Damit auch die Kultur nicht zu kurz kommt, gibt es noch »etwas auf die Ohren«: Ein vom Chronisten mit deutschen Liedtexten untertiteltes Konzertvideo der italienisch-britisch-französischen Ausnahmemusikerin Anna Calvi, die nach Meinung eines Freunds des »Blogfathers« ihre »Telecaster« genauso unerbittlich quält wie der Chronist selbst, was an den Schmerzenschreien der Gitarre deutlich zu hören sein soll.
Ach ja, da fehlt doch noch was … Genau, die flüssige Begleitung zum Filmabend oder zum (selbstgekochten) Abendessen! Statt des ostdeutschen »weiß oder rot« ein klares Bekenntnis zum »und«: Im »Päckchen nach drüben«, das in den tiefen Osten Heilbronns geht, finden sich daher ein »Langhe Arneis DOC« aus dem Weingut Cadia und ein »Roero DOCG« aus dem Weingut Ri Da Roca, beide im italienischen Piemont gelegen.

Vor der Osterruhe
Vor der dann doch wieder abgekündigten »Osterruhe« noch ein teil-vegetarisches Abendessen im »Drei-plus-Eins«-Format.
Zum Gin Tonic gab es neben zweierlei Brot eine kleine Auswahl an Vorspeisen: Vegane Leberwurstbemme, Bärlauchbutter, Radieschengrün, Parmesansterne und etwas Pancetta und Salami aus dem Piemont.
So eingestimmt folgte eine Maronensuppe, begleitet von einem Sauvignon Blanc aus dem »Val de Loire«.
Der eigentliche Hauptgang waren dann Weltenbummler-Schnitzel mit einem Curry-Ofengemüse. Dabei war das Schnitzel selbstverständlich rein fakultativ. Dazu gab es einen Wildmuskat vom Weingut Amalienhof in Beilstein.
Zum Ausklang des Abends gab es Moelleux au chocolat mit einem selbstgemachten Eierlikör.
Der übrig gebliebenen Reste erbarmte sich schließlich die Gästin, die Suppe, Gemüse und Schnitzel als Mitbringsel für die zu Hause gebliebene Mutter einpackte.

Gelockerter Lockdown
Pünktlich zum Frühlingsanfang mal wieder ein vegetarisches Abendessen nach der (noch) geltenden »zwei plus fünf« Regel: Zwei Haushalte, maximal fünf Personen.
Nach kurzem Blättern in einem schönen Kochbuch-Mitbringsel der Gäst*innen (das leider für diesen Abend zu spät kam und die Anwesenden mit der bereits vorbereiteten Speisefolge wohl oder übel zufrieden sein mussten), wurde das Abendessen (der Witterung angepasst) mit einem eisigen Gin Tonic eingeläutet. Dazu gab es etwas Weißbrot nebst einer von der Mö27-Hausherrin beigesteuerten Bärlauchbutter mit eigenhändig gesammeltem Bärlauch aus dem Heilbronner Wald.
Da es mit frühlingshaften Temperaturen noch etwas holperig vorangeht (also passend zur hiesigen COVID-19-Pandemie-Eindämmung), wurde die Menüfolge von besser passenden »Winterrollen« eingeleitet, zu der sich der Gin Tonic immer noch als gut passende Begleitung erwies.
Eine von toskanischer Bauern-Küche inspirierte winterliche »Aufgewärmte«, war der erste der beiden »Sättigungsgänge« und wurde von einem Sauvignon Blanc aus dem »Val de Loire« begleitet. Weil der Koch vor dem Zwischenrauchen vergessen hat, das Nudelwasser aufzusetzen, wurde als kleiner vorösterlicher Zwischengang noch ein indisches Solei eingeschoben.
Der zweite »Sättigungsgang« waren Penne mit Paprikasoße mit Cashew-Parmesan-Bröseln. Dazu gab es einen Wildmuskat »Reserve« vom Weingut Amalienhof in Beilstein.
Zum Ausklang des Abends gab es Palatschinken mit Nugat, begleitet von Limoncello und Espresso, für die, denen der Sinn danach stand. Wahrscheinlich den teilweise turbulenten Gesprächen geschuldet, war der Hunger noch oder wieder groß genug, dass auch dieser süße Abschluss seine Abnehmer*innen fand.

The Final Lockdown
2021 … das neue Jahr ist da und alles wird besser, oder? Albert Einstein, einer der wohl genialsten und jüdischsten Wissenschaftler hat das mal sehr schön und pointiert zusammengefasst: »Wenn das alte Jahr erfolgreich war, freue dich aufs neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht!«
Im Anthropozän lebend und damit menschengemachten Klimawandel und an den Menschen perfekt angepasste Virus-Pandemien erlebend, trennen uns noch immer 40 Millionen Kilometer von der Gluthitze der Venus und damit auch vom »Final Countdown«. Stattdessen steuern wir auf den »Final Lockdown« zu, der uns endgültig auf den einzigen Sinn menschlicher Existenz im Kapitalismus reduzieren soll: die mehrwertschaffende Arbeit.
Unter diesen, allem Optimismus trotzend, manchmal doch etwas beklemmendenden Voraussetzungen, genießen wir nochmals ein Abendessen in der Mö27.
Zum Start gab es die bereits bekannten und geschätzten »Butterbrody«, gefolgt von einer Süßkartoffelsuppe. Die fleischlastige Variante des Hauptgangs waren mehrere von unbekannten Jäger*innen erlegte Wildhasen, begleitet von der vegetarischen Variante: Gnocchi al forno. Zum Abschluss gab es noch einen süßen Kokosmilchreis und etwas Käse mit Birnen-Apfel-Chutney, Zwiebelmarmelade und Aprikosensenf.
Damit hat der Gastgeber und Chronist die Aufnahmefähigkeit »seiner« Gäst*innen bis an die Grenze des Vertragbaren beansprucht, hatte aber auch das Glück, äußerst toleramte und »dehnbare« Gäst*innen am Tisch zu haben.
Die Getränkebegleitung startete mit einem »Crémant d’Alsace«, das lecker-bekömmliche Geburtstagsgeschenk einer lieben Freundin, die aus pandemischen Gründen bei diesem Essen leider nicht dabei sein konnte. Der Weißwein war erneut ein Nascetta aus der Langhe und für die Gästin, der dieser Wein nicht so richtig gemundet hat noch ein Grüner Veltliner aus Österreich. Den Hasen begleitete ein Bergerac vom »Château Lestevenie« ein Cuvée aus mehr als 90% Merlot und einem Hauch Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc.

Verschärfte Bedingungen
Angesichts der Ankündigung erneut verschärfter Bedingungen an der häuslichen »Heimatfront«, unterwarf sich auch die Mö27 in vorauseilendem Gehorsam dem Diktat der Mehrwertpriorität rauchender Schlote und rauschender Bänder und reduzierte genussvolles Speisen auf ein-gängige Menüs im 1+1-Ambiente, sprich: ein Haushalt plus maximal eine weitere Person.
Damit die Bänder weiter für den Sieg rollen können, stellen wir zu Hause sicher, dass alle produktionsrelevanten Menschen gut ausgeschlafen (dank nächtlicher Ausgangssperren) in überfüllten Bahnen und Bussen sicher zur Arbeit gekarrt werden können: »Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt« sangen »Geier Sturzflug«…, aber »das war vor Jahren«.
Heute backen wir keine Brötchen und genießen zunächst mal ein kleines »Paradeiser-Pfandl« in sowohl vegetarischer als auch wurstiger Variante. Um der Hitze des Vulkans, auf dem noch immer viel zu viele tanzen, adäquat zu trotzen, gönnten wir uns dazu zunächst mal einen Gin Tonic zum Antipasto gefolgt von einem Heilbronner Grauburgunder zum einzigen Hauptgang.

Brunch-Brettl
Das erste Mö27-Essen im mittlerweile dritten Kalenderjahr der Corona-Pandemie war ein international eingerahmtes österreichisches »Brunch-Brettl« im (zahlenmäßig) beschränkten Kreis lieber Freund*innen nebst (Schwieger-)Papa und einem erwachsenen Geburtstagskind. Ja, es ist wirklich wichtig, Kontakte zu beschränken (auch wenn's manchmal schwer fällt) und den Kopf einzuschalten, wenn es um die Planung solch wichtiger Dinge, wie gemeinsame und persönliche Begegnungen geht! Und wieviel wichtiger wäre das insbesondere dann, wenn es um die Arbeitssituation und -wirklichkeit in der nicht überraschend und quasi per se in viel zu vielen Bereichen »systemrelevanten Wirtschaft« geht?
Das auf Tellern servierte »Brettl« (Leberpastete und bzw. oder dem Anlass ensprechend als Geschenk eingewickelter Käse mit ebenfalls vegetarischem Karottengemüse) wurde von einer Orangen-Karotten-Suppe und einem Hausfrauen-Dessert nebst Vanillesoße regelgerecht eingerahmt. Das Dessert, ein »winterlicher Auflauf«, zeigte sich ohne Maske und den Corona-Auflauf-Beschränkungen trotzend und daher auch oder vielleicht auch deshalb mit hausgemachtem sächsischem Eierlikör befeuchtet.
Da nicht nur Fisch schwimmen muss, gab es natürlich auch noch eine passende Getränkebegleitung. Den Auftakt machte ein letzter Rest Silvester-Sekt gefolgt von weißem Portwein, einem Übrigbleibsel des Weihnachtsgeschenks einer lieben Gästin. Dieser Aperitif wurde nicht nur deshalb gewählt, weil er äußerst lecker ist, sondern auch, um zu zeigen, dass solch wertvolle Geschenke selbst in der Mö27 nicht im Unverstand weggesüffelt werden. Zur Suppe, und für die Weißweintrinker*innen auch zum Weitertrinken, folgte ein Nascetta aus der Langhe (von Ri Da Roca) und auch zum Hauptgang gab es einen Wein aus Italien: einen Brunello di Montalcino aus der Toskana, der im sehr guten Weinjahr 2007 geerntet wurde. Angesichts der experimentierfreudigen Gäste, gab es zum Dessert eine mittlerweile 20 Jahre alte Riesling-Beerenauslese. Ergebnis des kollektiven Experiments: Immer noch trinkbar und exquisit!

Isola Sarda
In völliger Übereinstimmung mit aktuellen Ausgangssperren und einem vernünftigem Ansinnen der Minimierung von Kontakten in Zeiten der COVID-19-Pandemie (leider gilt dieses Bestreben nicht für den Arbeitsplatz und den notwendigen Weg dahin), gab es ein verkürztes sardisches Menü im allerengsten Kreis.
Nachdem der Kochmann mittlerweile gelernt hat, dass »den Salat zu haben« für Chromosomen- und auch Gender-Frauen »ein Muss« ist, beginnt das Menü mit einem bitteren Salat. Der Kürze der Zeit geschuldet, gab es keine »zuppa«, für die es beim Gastgeber wohl ohnehin nur »pago il fio« geheißen hätte, da der ganze Abend ja auch »andato in cerca di quai« ganz in eigener Verantwortung stand. Also ging es gleich weiter zum Fischgang, einem Polpo Grigliato con Puré di Patate al Limone mit nicht zu verkennender wenn auch widerborstiger Devotheit gegenüber der geballten Macht des deutschen Kartoffel-Ostens. Als vegetarische Variante gab es ein Karotten-Sellerie-Gemüse statt des Tintenfischs. Der nächste Gang war eine Verschmelzung von Gemüse und Fleisch, zu dem es, wie in der Mö27 gewohnnt, auch eine vegetarische Variante gab: Huhn mit Oliven. Zum Abschluss gab es noch einen sardischen Joghurt in zwei Varianten (»solo« oder »corretto«) begleitet von einem leckeren Portwein, den eine liebe Gästin bereits beim letzten Essen in der Mö27 beigesteuert hatte.
Bei der Getränkebegleitung gab es kein einziges Getränk aus Sardinien. Zum Auftakt, also zu den Antipasti, gab es etwas Prickelndes aus Weinsberg: einen handgerüttelten Muskateller-Sekt von Horst Stengel, seit 2005 auf der Flasche liegend. »Dolce vita« statt »fino alla fine«. Zu Salat und Tintenfisch dann ein Wein aus Italien, genauer aus dem Piemont: ein Langhe Arneis vom Weingut Cadia. Das Huhn wurde von einem Beaujolais Village begleitet: Ein »Le Perréon« aus 2019, der im Betontank reifte und deshalb, äußerst passend für dieses Gericht, auch keine Holztannine aufwies. Leider erwies sich dieser Primeur als deutlich zu alt, so dass die Rotweintrinker dann doch auf einen anderen Tropfen ausweichen mussten.
In der Hoffnung, dass die Portionen dieses Mal wirklich klein genug waren, damit zu Hause auch noch Platz für eine Scheibe selbstgebackenes Brot mit Brokkoli-Mandel-Aufstrich war, freue ich mich bereits auf das nächste Mahl.
PS: Leider hat der unaufmerksame Gastgeber vergessen, ein Gläschen des Brotaufstrichs mitzugeben. So blieb den Gästen nach ihrer Heimkehr wohl nur eine Scheibe trockenen Brots oder ein anderer Aufstrich, der sich noch im Kühlschrank verbarg.

Härteste Weihnacht
Zum »härteste[n] Weihnachten, das die Nachkriegsgenerationen je erlebt haben« gab es alter Mö27-Tradition folgend ein (teil-)vegetarisches Mehrgenerationen-Essen.
Weihnachten 1945: Ein Weihnachten, an dem die deutschen Herrenmenschen, als Ergebnis ihres abermaligen Versuchs, die Weltherrschaft zu übernehmen, durch die nun endlich auch ins eigene Land gelangte Zerstörung laufen mussten. Schutt und Trümmer, die von den Deutschen und ihren heute noch verklärten »Trümmerfrauen« schnell wieder in gewohnter Akkuratesse zu Trümmerbergen aufgeschichtet wurden, ganz so, wie noch kurz zuvor mindestens ebenso akkurat geschichtete Berge von Koffern, Schuhen, Brillen und auf die Verbrennung wartender Ermorderter errichtet wurden, unvergessliches Zeugnis des deutsch-akkuraten und zu lange währenden systematischen Mordens.
Weihnachten 2020: Ein kleines Abendessen im Kreis von FreundInnen, an dem sich zwei Generationen erfreuen, beide mit der »Gnade der späten Geburt« ausgestattet, die doch in Wahrheit die Ungnade einer unaufhörlichen und wehrhaften Auseinandersetzung mit dem widerlichen Geist, aus dem solche Worte kriechen, und den auf dessen Fuße folgenden noch widerlicheren (Un-)Taten bedeutet, die sich aus der mit der »Wiedervereinigung« beinahe rituell und Schlag auf Schlag vollzogenen »Wiedergutwerdung der Deutschen« unabwendbar aber vorhersagbar ergeben haben.
In so einem schönen Zusammensein keimt die Hoffnung auf eine gemeinsam gestaltete Veränderung, begleitet von Klönen und Disputieren, von Widerspruch und Bestätigung, einer auf das Leben setzenden Veränderung gegen den erstarkenden Straßenmob und seine »Querdenker«, wohl wissend, dass es »kein richtiges Leben im falschen« geben kann: »Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.«
Dazu gehört natürlich auch das gemeinsame Schnabulieren und der kulinarische Genuss, eröffnet von einem Glas Portwein und Antipasti. Danach die eigentliche Vorspeise: »Butterbrody«, traditionell in großer Gesellschaft zum Shavuot gereicht. Als Suppe dann eine Champignonsuppe, gefolgt von einem Hauptgang in zwei Varianten: Schellfisch »Caddy Ganty«, bei dessen vegetarischer Variante der Fisch durch in Butter geschwenkte Gnocchi ersetzt wurde. Leider hat die Suppe das Aufwärmen nicht so richtig vertragen und bekommt daher, komplett durchgemixt, eine zweite Chance. Das Dessert stammte zu gegebenem Anlass aus Kärnten, ein Apfelschmarren.
Die das Essen begleitenden Getränke wurden dieses Mal vollständig von der seit diesem Jahr dudenkonformen und wie bereits dort vermerkt, angesichts Corona viel zu seltenen »Gästin« beigestellt. Deshalb gibt es zu den leckeren Weinen ausnahmsweisee auch keine genauere Beschreibung des Mö27-Chronisten, außer »weiß« und »rot«, was aber als Beschreibung für die vorherrschend östliche Mehrheit bei der älteren Generation der Anwesenden ohnehin gewohnter sein dürfte.
Dass der männliche Gastgeber die allgemeine Bescherungsfreude störte, ist hoffentlich kein Hinterungsgrund für die Beibehaltung dieser auch von ihm geschätzten Tradition eines gemeinsamen vegetarischen Essens am 24. Dezember.

Gaumen, Auge, Hirn
In fast vollständig amtlich konformem Ambiente trafen wir uns zu einem »Post-Election-« und »Pre-Thanksgiving-Dinner«. Gerade mal drei Haushalte in geradezu aufeinander fixierter ständiger Zusammensetzung mit maximal zwei MenschInnen pro Haushalt und dabei sogar noch ein Haushalt mit nachgewiesenen COVID-19-Antikörpern: Was will mann oder frau noch mehr?
Natürlich ein gutes Essen! Deshalb war zunächst mal die Küche angesagt, um das vorher in kleinem Kreis abgesprochene Abendessen zuzubereiten: Vegetarische Crespelle mit Spinat-Ricotta-Füllung als »primo« und ein Hühnergericht aus dem Swinger-Staat Georgia als »secondo«. Nach ursprünglicher Planung hätte es dieses Essen als »Intermezzo in der Zwischenzeit« zwischen den Filmen geben sollen. Der zunehmenden Vergesslichkeit eines der Köche geschuldet, flog das Huhn für »il secondo« aber erst mit einiger Verspätung ein, so dass es diese beiden Gänge bereits während des ersten Films gab.
Damit auch die flüssige Begleitung nicht zu kurz kommt und »Witz, Schönheit des Denkens, Gewandtheit und Reichtum der Sprache« (Tolstoi) sich angemessen entwickeln konnte, eröffnet ein »Fremdgänger« (»Traube küsst Cassis«) den Abend, um das Warten auf die Küche nicht gar zu trocken zu gestalten. Zum hauptgänglichen Essen gab es dann aus heimischen Gefilden einen »Wildmuskat Rosé« (zu den Crespelle) und einen »Villa Amalie Wildmuskat trocken« (zum Huhn), beide vom »Weingut Amalienhof« in Beilstein.
Der süße Abschluss des Essens, ein »Funeral Pie« aus Pennsylvania, passend zum dann doch etwas überraschenden Ausgang der Präsidentschaftswahlen in USA in diesem Bundesstaat, mit einer »Odl-Sahne« aus dem Söder-bayrischen Freistaat und begleitet von einem Muskateller aus dem bereits erwähnten »Weingut Amalienhof«, fand angesichts der bereits fortgeschrittenen Stunde nur noch wenig Anklang.
Da fehlt doch noch etwas ... Richtig, die Filme! Deren Auswahl sollte eigentlich in ur-demokratischer »Midnight-Gambler«-Sitte per »Schere, Stein, Papier« ausgespielt werden: Schummeln und Betrügen ausdrücklich erlaubt! Der erste Film, »Zimt und Koriander«, wurde dann aber doch nach altmütterlich autokratischer Sitte bestimmt, war eine perfekte Einstimmung auf das Essen und gab den Küchenmännern auch etwas Zeit in der Küche. Der zweite Film, eigentliche »Die Detektive«, wurde per Losverfahren aus vier Alternativen bestimmt. Da der Ton sehr schlecht war, fiel die Wahl auf die zweite Wahl (»NICO 1988«), ein Film, der aber dann bereits nach kurzer Zeit allgemeiner Müdigkeit zum Opfer fiel, weshalb auch der schon beinahe obligatorische (für die, die es nicht lassen können) und zu diesem Film durchaus passende Limoncello ausfiel.

Dinner for two Menages
Konformität mit den COVID-Regeln im November 2020 heißt einfach häufiger zu kochen, um das Essen mit allen liebgewordenen FreundInnen weiterhin genießen zu können. Die erste Gelegenheit ergab sich in 3 + 1 Kombination an einem Freitagabend mit einem in dieser Besetzung obgliatorischen Gin Tonic zu den Antipasti. Danach gab es »Tagliatelle al castagne e funghi« als einzigem aber ausreichend sättigenden Hauptgang, von dem auch noch etwas Wegzehrung übrig blieb, die auch am nächsten Abend noch Gefallen fand und dabei (wohl durch die magischen Hände der Köchin) sogar noch besser wurde. Dazu gab es einen lecker frischen Sauvignon Blanc vom Weingut Breiling aus der Pfalz. Als Dessert gab es »Dolce al Mascarpone« und dazu einen Limoncello, der aber eindeutig nicht jederfraus Geschmack war.
So gestärkt stieg die Vorfreude auf den Sonntag, an dem es bereits das nächste Essen in etwas anderer Runde gab (dieses Mal 3 + 3). Nach den obligatorischen Antipasti nebst einem Prosecco gab es einen Radicchio-Salat mit einem Thunfisch-Toast, gekrönt durch von der Frau des Hauses selbst eingelegte Traubenkapern vom hauseigenen Rebstock. Damit und mit einer Flasche »San Silvestro« erfolgte auch der Einstieg in die wunderbare Weinwelt des kleinen und sehr feinen Weinguts des Pierfrancesco Gatto. Als »primo« gab es Walnuss-Linguine, gefolgt von einem Kalbsschnitzel mit Grieß-Gnocchi, begleitet von einem »Gatto Nero«, einem Pinot Noir aus dem bereits hervorragend eingeführten Weingut Gatto. Der kulinarische Abschluss des wunderschönen Abends präsentierte sich in Form einer Haselnusstorte vom »König der Haselnusstorte« Giuseppe Cannobio, der in Cortemilia im Piemont residiert, und die untertänigst von einer winzig kleinen »Zuppa inglese« begleitet wurde. Dazu gab es je nach Gusto noch einen kleinen Limoncello und/oder auch Caffè Espresso oder Corretto.

Kochen mit COVID-19 (2)
Nach zwei »3 + 2« Grill-Events in gebührendem Abstand im Hinterhof der Mö27 gab es auch ein neues berichtenswertes »Drei-Personen-Kochereignis« für die häusliche Gemeinschaft in engerem Sinn: Angeregt durch ein Rezept des französischen »Restaurant Paul Bocuse« aus Feder und Kochlöffel von Gilles Reinhardt, entstand »Mac & Cheese à la Bocuse«. Abweichend von der Empfehlung des Sommeliers in Lyon gab es dazu einen Cabernet von Massimo Mutta, einem Winzer aus Vò im Piemont, einem der ersten Corona-Hotspots in Italien.

Kochen mit COVID-19 (1)
Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. »Social distancing« verbietet opulente Mahlzeiten mit zahlreichen Gästen. Stattdessen ist das minimal Wesentliche angesagt: Kochen und Essen zu zweit und der Bilderaustauch mit dem für sich allein kochenden Sohn in München. Also: Die Portionen werden kleiner, Gefrierschrank, falls es doch mal etwas mehr wurde, und Resteessen gehören zum Alltag. Dennoch gibt es auch hier Berichtenswertes: Wie kocht es sich ohne Hamsterkäufe? Am Freitag gab es im letzten Schein der Abendsonne auf der Terasse einen Hirsekuchen nebst einem Salat vom Babyspinat mit gebratenen Champignons und dazu einen leckeren Grauburgunder. Am Samstag gab es, rechtzeitig vor den »Känguru-Chroniken« im Autokino, Salsici auf Camembert und Rösti mit Wildkräutersalat. Für die Älteren unter uns: »Autokino« bedeutete für uns tatsächlich »nur« den sehenswerten Film anzuschauen.

Die Gans gehört dem Fuchs
Aus diesem Grund und auch dem Anlass des alljährlich wiederkehrenden Weihnachten geschuldet, gab es auch im Jahr 2019 wieder ein mittlwerweile schon beinahe traditionelles veganes Weihnachtsmenü, zu dem auch fast alle BewohnerInnen der »Mö27« und die gewohnten lieben Stammgäste anwesend und teilweise sogar extra aus München angereist waren. Da es die Kinder dieser Welt mittlerweile vorziehen, im Kreissaal statt im Stall geboren zu werden, war die miteinladende Gastgeberin an diesem Abend leider anderweitig beschäftigt. Das Menü beschränkte sich auf drei Gänge, eingeleitet von einem mitgebrachten leckeren Aperitif (Sekt mit einem Likör vom Weinbergpfirsich). Zum Auftakt gab es einen Linsen-Tomaten-Eintopf, gefolgt von einem Kartoffel-Brokkoli-Auflauf, für den ein Gast eigens eine der beiden Hauptzutaten mitgebracht hatte. Der (manchen zu) süße Abschluss war eine Kirschsuppe mit Zimt-Croutons und zu allen Gängen gab es dieses Jahr Lemberger zu trinken: Blanc de Noir und klassisch, beides vom Weingut Rolf Willy aus Nordheim.

Koreanischer Mehrklang
Willkommener Anlass für eine koreanische Menüfolge mitten in Heilbronn waren die rundum gelungenen Versuche der Hausherrin, bei der häuslichen Kimchi-Zubereitung die Messlatte koreanischer Kimchi-Schärfe nicht nur zu halten, sondern sogar zu übertreffen. So trafen sich neun FreundInnen am gedeckten Tisch, um das zu genießen, was der Hauskoch der Mö27 aus dem »gesetzten« Kimchi und ein paar anderen Zutaten zubereiten und auf den Tisch bzw. die Teller bringen sollte.
Als milden Einstieg in den Abend gab es zunächst mal einen erfrischend-leichten Apfel-Soju-Cocktail (den zur Feier der bestandenen Prüfung eigens mitgebrachten »Jägermeister« gab es dann doch erst nach Ende des offiziellen Programms).
Solcherart eingestimmt stand dem eigentlichen Thema des Abends nichts mehr im Wege. Eingeleitet wurde das Menü von der heiß ersehnten Kimchi-Suppe, die zugleich auch die von allen bravourös überstandene Eingangsprüfung für koreanische Schärfegrade darstellte. Die beiden Hauptgänge bestanden aus Fisch (Forelle auf Rettich) und Fleisch (koreanisches Eisbein). Passend zum gefühlten mittleren Lebensalter der Anwesenden, gab es zum Fleischgang das Cuvée »Generation IX« aus dem nicht verwandten und nicht verschwägerten »Weingut Fischer«. Zum Abschluss gab es noch ein süßes und kühlendes Dessert mit dessen Hilfe die Durchblutung der Schleimhäute zum Ausklang des Essens wieder auf ein Normalmaß abgesenkt werden konnte.

Grillen im Hinterhof
Trotz studienbedingter Abwesenheit des legendären Grillmeisters trafen wir uns am 26. Juli 2019 bei brütender Hitze zum Burger-Grillen im Hinterhof der Mö27. Um das Warten auf die überpünktlich eintreffenden Gäste zu versüßen, gab es zunächst mal einen Porto Tonic gefolgt von zweierlei Hummus mit einem hausgebackenen Brot vom Bauernladen Walter aus dem Kärntner Mölltal. Danach wurde der Grill im der Hitze angemessenen Abstand angefeuert und es gab die versprochenen Burger: Eine vegetarische Variante als Rote-Bete-Burger und natürlich auch noch ganz klassische Rindfleischburger. Die dazugehörigen Sesam-Buns fanden ihren Weg auf den Grillrost und der von der Gastgeberin vegetarisch zubereitete Kartoffelsalat zierte den Tisch. Zum »Bauen« der Burger gab es die freie Auswahl aus Tomatenscheiben, roten Zwiebeln, sauer eingelegten Gurken, Honigsenf und einer selbstgemachten Barbeque-Soße nebst einem Radieschen-Zaziki. Auch der den Grillmeister vertretende Hausmeister machte seinen Job ganz gut. Die im Schweiße des Angesichts zubereiteten und im von der allgegenwärtigen Hitze zeugenden mit weißen Schweißrändern dekorierten Shirt servierten Burger fanden das Wohlgefallen aller anwesenden Gäste. Die sommerliche Getränkeauswahl war eher bescheiden: Helles Bier aus Stuttgart, Wasser, Saft und ein weiß gekelterter Lemberger »Blanc de Noir« aus der Genossenschaftskellerei in Heilbronn. Zum Abschluss gab es noch ein frisch gerührtes Kirsch-Sahne-Eis, bei dem allerdings eine der Teilnehmerinnen an diesem wunderschönen und zum Abschluss dann doch eher normal-sommerlich-warmen Abend bereits passen musste.