Ausflug in die USA
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Ende gut, alles gut
Heute haben wir das Wohnmobil nach 3.696 Meilen
im US-amerikanischen Westen unbeschadet wieder
in seinen heimischen Stall zurückgebracht,
von wo es nach kurzer Verschnaufpause wieder
auf die nächste Mietto(rt)ur gehen wird.
Da die Rückgabe und die Fahrt ins Flughafenhotel von San Francisco
reibungslos und schnell verliefen,
fahren wir nach einer kurzen Mittagsruhe im Hotelzimmer
mit dem BART-Zug ein letztes Mal in die Stadt nach North Beach.
Nicht wenig überraschend ist unser erstes Ziel
wieder einmal das »Vesuvio«,
die später am Abend stattfindende Freiluftfilmvorführung
in der »Jack Kerouac Alley«, mit dem bestimmt
sehenswerten und 1976 gedrehten Dokumentarfilm von Barbara Kopple
über den Brookside-Streik der Kohlebergleute und ihrer Familien,
lassen wir allerdings wegen Uhrzeit und Temperatur ausfallen.
Zum Abendessen gönnen wir uns nochmals so richtig unterirdisches
Meeresgetier im »Sotto Mare«,
direkt an der Bar sitzend und dem Treiben
der Kochmannschaft (tatsächlich nur Männer)
zuschauend.
Der Zug der BART bringt uns nach einem kleinen Dessert und Kaffee
an der Columbus Avenue sicher wieder zurück ins Hotel,
und wir genießen die letzte entspannte Nacht unserer Reise,
die uns neben unzähligen unvergesslichen Eindrücken
eine Reise über 6.614 gefahrene Meilen (10.644 km)
und nebenbei auch noch 412 gelaufene Kilometer beschert hat.
Und es bleibt die Erinnerung an den unvergessenen
Lawrence Ferlinghetti:
»Poesie ist der Schatten,
den die Straßenlaterne unserer Phantasie wirft.«
Petaluma
… ist der letzte Stopp vor der Abgabe des Wohnmobils. Trotz Großreinemachens bleibt uns etwas Zeit für ein entspanntes Mittagessen am Lagerfeuer und am Abend begeben wir uns noch in die kleine Stadt zum Einkaufen in der lokalen Buchhandlung sowie zum Abendessen (Walu-Fisch und Wayo-Rind) mit einem Cocktail zur Einstimmung. Streichelzoo und Pool auf dem bereits bekannten Campingplatz besichtigen wir zwar, sind aber nicht gerade das Hauptinteresse der dieses Mal nur erwachsenen Besucher. Nach dem Essen geht's auch schnell wieder zurück, schließlich muss unsere mobile Weggefährtin morgen früh pünktlich und vollgetankt wieder in der Garage ankommen.
Uwe: Wenn ich gewusst hätte, das mein Kommentar veröffentlicht wird, hätte ich mich etwas moderater ausgedrückt :-) Was fällt dir ein, gleich zu Anfang der Reise hätte man dich zu einem Praktikum in dieser Bleimine verpflichten sollen.
Virginia: Am Robbenkindergarten, beim Essen … mit und ohne Cocktail, ihr seht wirklich sehr gut aus, aber es waren wirklich viele Bilder und viele Zeilen/Meilen. Ich schließe mich Uwe an. Kommt mal wieder zurück, endlich. Guten Heimflug!
Goat Rock
Langsam wird es ernst mit unserer Rückkehr nach Hause … die
Fluggesellschaft meldet sich bereits mit einer Abflugerinnerung und
On-line-check-in-Hinweisen, unser Hotel am Flughafen in San Francisco
ebenso und für uns steht heute die Fahrt zum letzten Campingplatz
der Reise nördlich von San Francisco an.
Deshalb entscheiden wir uns für die entfernungsmäßig nur geringfügig,
aber fahrtzeitmäßig deutlich längere 213 Meilen lange Strecke
über den Highway 1, der uns ein letztes Mal in engen Kontakt mit
dem Pazifik bringen soll.
Nachdem wir das Küstengebirge von Ost nach West über
einen sehr kurvenreichen Auf- und Abstieg überquert haben,
erscheint vor uns der pazifische Ozean in seinem gewohnten Dunst.
Die weitere Fahrtstrecke über die CA-1 ist wie erwartet extrem kurvenreich
und die Straße folgt der Küstenebene meist oben entlang der Steilküste
taucht aber auch immer wieder auf Meereshöhe ab,
um den direkten Zugang zum Meer an den zahlreichen Badebuchten
zu ermöglichen.
Die plötzlich vor uns
am »Goat Rock« auftauchenden Seelöwen versetzen
den Chronisten kurzzeitig in Wehmut
wegen der nicht mehr funktionsfähigen Spiegelreflexkamera.
Es bleibt aber der Eindruck für das Auge:
Zahlreiche Seelöwinnen, alle entweder kurz vor, unter
oder nach der Geburt, die selbstverständlich ihre Ruhe wollen
und denen sich nicht einmal Hebammen auf mehr als 50 Meter nähern sollen.
Das war's dann für dieses Jahr mit dem Pazifik und
bei der Fahrt zum Campingplatz lassen wir den Abend noch
bei »Applebee's« ausklingen,
einer in USA weit verbreiteten Kette netter Family-Restaurants,
die neben dem Essen auch noch echt leckere Margaritas servieren.
Auf dem Campingplatz machen wir uns noch mit der für
den morgigen Tag benötigten Infrastruktur vertraut
(z.B. app-gesteuerte Waschmaschinen und Trockner),
damit wir morgen einen entspannten Pack-, Aufräum-, Putz- und Waschtag
verbringen können,
bevor wir das Wohnmobil wieder bei der Anmietstation abgeben werden.
Uwe: Habe gelesen, dass ihr bald zurück seid. Wird auch Zeit, damit ich nicht dauernd vor Neid zerfressen werde :-) Oregon werde ich wahrscheinlich nur auf der Landkarte besuchen :-(
Eel River
Kurz vor dem drohend naherückendem Ende des Wohnmobilurlaubs
erhält das Fahrzeug nochmals eine Verschnaufpause am Flussufer
während sich die Reisenden auf die Suche nach einem Fußweg
in das kleine Städtchen Redway begeben.
Zwar zeigen auch hier alle verfügbaren Wander-Apps keinen Weg an,
doch davon lassen sich die Reisenden mittlerweile nicht mehr schrecken.
Also geht es zunächst mal entlang des Flusses soweit,
bis dieser nur noch von steilen Felsen gesäumt ist
und auch an eine Überquerung mangels passend umgefallener Redwoods
nicht zu denken ist.
Nun heißt es rein in den Wald und irgendwie hoch zur Straße,
die von ganz unten zu hören ist.
Nach ein paar Metern entlang der Straße ergibt sich die Möglichkeit
zum erneuten Abstieg flussabwärts,
wo verlassene Zelte zeigen,
dass wir nicht die ersten sind,
die diese Pfade beschreiten.
Leider gibt es auch hier am Fluss kein Fortkommen mehr,
so dass wir uns erneut
durch dichtes Gestrüpp Richtung Straße emporarbeiten müssen.
Ein Trampelpfad entlang dieser Straße führt
uns zum nächsten Abstecher,
bei dem wir die »private property« eines
lokalen Cannabis-Anbauers zwar nicht queren
aber immerhin vom Zaun aus sehen können.
Das knapp über 1.000 Einwohner beherbergende Redway,
in dem eine Stichstraße abgehend von der US-101 endet,
lockt gleich am Ortseingang mit dem Hinweis auf allerlei
biologisch angebaute Cannabis-Produkte aus lokaler Ernte
und ebenso lokal gezogenen Schößlingen für den heimischen Anbau.
Da die für unter 21-Jährige
streng verbotene Cocktailbar noch geschlossen hat, begeben wir uns
zu »Deb's Great American Hamburger Company«, um
ein geteiltes Reuben-Sandwich gefolgt von Huckleberry-Eis bzw.
lokalem Bio-Bier der »Eel River Brewing Co.« als
Wegzehrung zu genießen.
Auf dem Weg zurück zum Campingplatz ersparen wir uns das Auf-und-ab-Wandern
und bleiben auch angesichts des drohend aufziehenden Regens
lieber entlang der Straße.
Glücklicherweise beschränkt sich der befürchtete Regen
auf ein paar wenige Tropfen,
die unsere Nasen mit dem typischen Geruch
eines intensiven Sommerregens erfreuen.
Virginia: Ich bin begeistert von den offensichtlich weiten zu Fuß zurückgelegten und erkletterten Entfernungen, ihr Winzlinge (habe ein bisschen über den Nationalpark nachgelesen). Aber immer mit Jacke unterwegs? Hier haben wir jetzt frühsommerliche Temperaturen und Sonnenschein, extra schön für eure Rückkehr. Und ich weiß genau, wie Sommerregen riecht. Auch, beim gegrillten Huhn auf dem Teller, wenngleich ich das Stück Fleisch nie für Huhn gehalten hätte. Hoffe, es hat geschmeckt! Hoffe, euch geht es gut! Viele liebe Grüße aus der Heimat.
Prairie Creek Redwoods
Nachdem wir uns an den imposanten Redwoods
noch immer nicht satt gesehen haben,
war auf unserer heutigen 168-Meilen-Fahrt
auf der legendären und mittlerweile beinahe 100 Jahre alten
»Pacific Coast Highway«, der US-101,
zum nächsten Campground eine weitere Wanderung, dieses Mal
im »Prairie Creek Redwoods State Park« gesetzt.
Das mittlerweile gemeinsam verwaltete umfangreiche Netz verschiedener
National- und State-Parks der Coast-Redwoods ist
eine »No-Fee-Park-Area«,
ist für Besucher:innen also kostenfrei,
da die satten Gewinne aus der Abholzung unzähliger Redwoods
insbesondere im vorvergangenen Jahrhundert,
das schlechte Gewissen der Holzfällerfamilien geweckt haben,
die bereits vor vielen Jahren,
quasi als Ablassgeschäft,
die Patenschaft für die verschiedenen »Groves« im Park
übernommen haben,
womit die Bezahlung der Park Rangers zur Unterhaltung des
mittlerweile forstwirtschaftsfreien Redwood-Gebiets
auch ohne den ansonsten obligatorischen Besucher:innen-Obulus
gesichert ist.
Angesichts der hohen Zahl umfallender und auch brennender Bäume,
ist der Einsatz der Rangers alleine dafür notwendig,
um das umfangreiche Netz an Wanderwegen (»Trails«)
einigermaßen passierbar zu halten
und diese Wege dabei immer wieder
den sich neu ergebenden Hindernissen anzupassen.
Aus verschiedenen dieser Trails basteln wir uns
unseren ganz persönlichen Rundweg,
der uns über eine spürbare Höhendifferenz
tief in die Stille der Redwood-Wälder führt.
Dem dichten Wald entkommen wartet auf uns bereits
das nächste beeindruckende Schauspiel:
die am Waldrand grasenden Hirsche und Rehe.
Erleben wir diese zunächst noch hinter Abschrankungen zur Straße hin
(mit an die Menschen, nicht an die Hirsche, gerichteten Warnschildern),
kommen wir kurz darauf in engeren Kontakt
mit diesen schönen Tieren direkt am Straßenrand.
Eintauchend in den Dunst,
der die Pazifikküste zu dieser Jahreszeit begleitet,
besuchen wir auch zum für dieses Jahr letzten Mal
die Strände der nördlichen Pazifikküste,
bevor wir auf unserem wegen des »Memorial Day Weekends«
vollständig ausgebuchten Campingplatz direkt am Eel River eintreffen
Jedediah Smith Redwoods
Unsere nur 99 Meilen kurze Fahrtstrecke
führt uns aus Oregon zurück nach Kalifornien
zunächst in das küstenabgewandte Gebiet
der imposanten Coast Redwoods,
riesige Bäume, die in diesem Teil
»Redwood National Parks« durchschnittlich 700 Jahre
und vereinzelt über 2000 Jahre alt sind.
Leider versagt die Kamera des Chronisten
nach dem Passieren der obligatorischen Lebensmittelkontrolle
bei der Einreise nach Kalifornien ihre Dienste
und funktioniert nur noch sporadisch,
so dass wir uns von nun an wohl oder übel
auf die vom Computer-Algorithmus optimierte
Smart-Phone-Fotografie beschränken müssen.
Dieses Ungemach schmäl^^ert aber keineswegs unsere Begeisterung
beim Hinunterklettern zum Smith River,
einem heftig strömenden Bergfluss,
dessen Ufer von allerlei allergische Reaktionen auslösenden Pflanzen
gesäumt sind,
worüber uns aber freundliche Einheimische rechtzeitig genug aufklären.
Danach gilt es die traumhaften Redwood-Wälder,
mit ihren eindrucksvollen Riesenbäumen
(hoch aufragend, lang hingefallen oder ausgebrannt)
und wuchernden Farnen fußläufig zu erwandern.
Dabei wird klar, warum dieses Gebiet
auch als kalter Regenwald der nördlichen Hemisphäre beschrieben wird,
in dem dann natürlich auch Orchideen am Wegesrand nicht fehlen dürfen.
Glücklicherweise liegt auch unser heutiger Campground
noch inmitten dieses Gebiets,
so dass wir ein abendliches Lagerfeuer
und Abendessen vom Holzkohlegrill
unter diesen Riesen genießen dürfen.
OK, gegessen wird dann doch
in der angenehm geheizten Stube im Wohnmobil,
bevor es wieder ans Feuer geht.
Shopping
Die heutige gerade 104 Meilen lange Etappe
nach Medford im Herzen der Hügel Oregons nutzen wir,
um Ausschau nach Dingen zu halten,
die mensch nicht unbedingt braucht aber nützlich sein können.
Oregon ist ja auch ein Bundesstaat ohne lokale »Sales Tax«,
sodass die ausgewiesenen Preise tatsächlich dem entsprechen,
was an der Kasse bezahlt werden muss.
Zusätzlich nutzen wir die kurze Fahrtzeit,
um uns ausgiebig vom klaren Wasser und der Tierwelt
des Klamath Lakes zu verabschieden,
auch wenn unser letzter Versuch,
dem See über kleine Dirt-Roads nochmals ganz nahe zu kommen
nicht von Erfolg gekrönt ist,
weil der See selbst von einer morastigen Marschlandschaft umgeben ist,
die dazu noch dicht an dicht mit kleinen Häuschen bebaut ist.
Morgen beginnt das lange »Memorial Day Weekend«
und wir sind ziemlich glücklich,
dass es uns dennoch gelungen ist, noch zwei weitere Campgrounds
in den Redwoods reservieren zu können,
auch wenn uns das einiges an Zeit und mehrfache Umstellungen
unserer Fahrpläne für die letzten Etappen gekostet hat.
Steffi: Die Reiseberichte sind klasse. Jeden Tag sind wir gespannt auf die neuen Abenteuer des Chronisten und der Reiseleitung. Euch noch viele schöne Tage!
Klamath Marsh
Unser heutiger Weg führt uns weiter auf der 1,500 Meter
hohen Hochebene in Central Oregon
bis ins 200 Meilen entfernte Klamath Falls.
Leider entfällt ein Ausflug zum vulkanischen Crater Lake
im gleichnamigen Nationalpark der Kaskadenkette,
da eine Durchfahrt
wegen des hohen Schnees im nördlichen Teil des Parks
noch nicht möglich ist.
So bleibt uns also nur der ferne Blick auf den Gipfel des Crater Lake
und wir durchfahren stattdessen den Deschutes National Forest,
nicht ohne uns ein Bild von den eindrucksvollen
und standhaften Brückenkonstruktionen
(die »Oregon Trunk Railway Bridge« steht
immerhin schon seit 1911) über die vom Deschutes
gegrabene tiefe Schlucht zu machen.
Danach machen wir noch einen Abstecher in das
»Klamath Marsh National Wildlife Refugee«,
einem Paradies für Gänse und andere Wildvögel,
und lassen uns unser Mittagessen inmitten
dieser idyllischen Landschaft schmecken,
ohne auf einen Verdauungsspaziergang zu verzichten,
der uns in engen Kontakt mit den bereits aus dem
National Forest bekannten »Jack Pines« bringt
und die Sammelwut modellbahnbegeisterter Touristen
nach dort reichhaltig an abgefallenen Ästen getrockneten
Mooses bringt, das im Modellbahnfachhandel unter dem
Namen »Islandmoos« teuer verkauft wird.
Für die Weiterfahrt nach Klamath Falls
entdecken wir zunächst eine nicht mal bei »Google Maps«
verzeichnete Straße, die »Forest Road 43«,
die uns eigentlich auf schnellstem Weg zum Campingplatz führen sollte,
leider aber nach einem kurzen Stück wegen Baumfällarbeiten gesperrt war.
So mussten wir dann doch den Rückweg auf dem Hinweg antreten,
hatten dafür aber zahlreiche,
glücklicherweise ohne Schäden verlaufene,
Begegnungen mit Wildgansfamilien und -einzelgänger:innen.
Mount Hood
Wir bleiben unseren Vorsätzen treu
und fahren gerade mal 129 Meilen weiter nach Central Oregon.
Auf dem Weg zu unserem Campingplatz in Culver, Oregon,
genießen wir die eindrucksvollen Wälder der Berglandschaft
des »Mount Hood National Forest«
und die immer noch gletscher- und schneebedeckten Gipfel
der Kaskadenkette, die uns von der Pazifikküste trennt.
Beeindruckend ist dabei nicht nur der 3.426 Meter hohe Mount Hood selbst,
sondern auch seine Geschwister,
wie beispielsweise die ebenfalls über 3.000 Meter hohen
Schwestern North-, Middle- und South-Sister,
die wir dann auch noch von unserem Campingplatz aus sehen können.
Dank der kurzen Fahrtstrecke erreichen wir
den auf einer ausgedehnten
und intensiv landwirtschaftlich genutzten Hochebene
gelegenen Campground bereits am frühen Nachmittag,
so dass uns genügend Zeit für eine Wanderung entlang
eines Bewässerungskanals bleibt,
die uns nach wenigen Kilometern
an das »Haystack Reservoir« führt,
einem idyllischen Stausee hoch oben in den Bergen,
dessen Wasser essentiell für die Landwirtschaft sind.
Da die den Platz wärmende Sonne erst später untergehen wird,
bleibt uns noch genügend Zeit für ein gemütliches Abendessen
mit Blick auf die schneebdeckten Gipfel des Gebirges.
Columbia River
Das Wohnmobil erhält heute die versprochene und wohlverdiente Ruhepause.
Wir Reisenden genehmigen uns zunächst mal ein ausgiebiges
und typisch amerikanisches Frühstück,
bevor wir uns ein kurzes Stück an der Straße entlang
und vorbei an einer Holz-Pellet-Farbrik auf den Weg
zu einem Rundwanderweg direkt am Ufer des Columbia River machen.
Die verschlungenen Pfade führen uns durch dichten Zauberwald
(»enchanted forest«),
erlauben uns aber auch immer wieder einen schönen Ausblick
auf den Columbia River und seine Buchten.
Ein Abstecher auf eine kleine und schmale brombeerbewachsene Halbinsel
endet allerdings an einer Dornenbarriere.
Dafür ist der Weg durch den Wald und seine Vogelwelt
umso beeindruckender.
Wieder auf dem Campingplatz angekommen,
lassen wir uns die wegen des doch frischen Winds
bei der Wanderung verschmähten Pausenbrote schmecken
und genießen dazu ein Gläschen Pinot Noir Reserve
(das wir auf der Wanderung nicht dabei hatten).
Die Reiseleiterin hat bereits Holz für das abendliche Feuer gesammelt,
wir planen in aller Ruhe den nächsten Tag
und bereiten uns auf das Abendessen vor.
So ein ruhiger und entspannter Tag
nach den hinter uns liegenden Fahretappen,
war genau das, was wir mal wieder gebraucht haben.
Portland
Schwankenden und schweren Herzens entscheiden wir uns dafür,
die Stadt Seattle von unserer Besuchsliste zu streichen.
Hauptgrund dafür sind die mittlerweile doch sehr langen
Fahrtstrecken, die sich ansonsten bis zur Abgabe des
Wohnmobils so fortsetzen müssten.
Ein weiterer Grund ist aber auch der Wunsch,
die grüne Idylle der Landschaft Oregons
bei der gleichzeitig angenehmen und tagsüber sommerlichen Wärme
zu genießen.
Just nachdem wir unsere Entscheidung getroffen haben,
schieben sich dicke Wolken vor die Morgensonne
und die Temperatur sinkt praktisch schlagartig um 15 Grad,
was uns aber nicht daran hindert,
zur getroffenen Entscheidung zu stehen.
Damit das Thema Stadt nicht ganz zu kurz kommt,
machen wir trotz der dann doch insgesamt exakt 300 Meilen Fahrt
zu unserem Campground am Columbia River einen
zweistündigen Zwischenstopp in Portland, Oregon,
wobei die maximale Aufenthaltsdauer durch die Parkuhr bestimmt wird.
Die Zeit ist zwar knapp bemessen,
aber dennoch ausreichend für einen Spaziergang
durch den »Pearl District«,
der ebenso wie das angrenzende China-Town irgendwann einmal
auch bessere Tage gesehen haben muss.
Dort entdecken wir eine kleine und lokale Brauerei,
die uns für ein spätes Mittagessen einlädt.
Angesichts der mehr als zwanzig zur Auswahl angebotenen Biersorten
kapitulieren wir nur wenig bieraffinen Reisenden
und entscheiden uns stattdessen für Weiß- und Rotwein aus Oregon.
Die verbleibende Zeit bis zum Ablauf der Parkberechtigung
verbringen wir mit einem Besuch im Bioladen
und einem Spaziergang entlang der Waterfront
des Williamette River.
Auf dem sehr schönen und ruhig gelegenen Campingplatz
gibt's zunächst mal gegrilltes Rind mit leckerem Salat
und etwas Bratwurst, bevor wir,
temperaturentsprechend,
ein Feuer entfachen und dem Wohnmobil (und uns)
mit einem Schlückchen Wein zu einem Tag Fahrpause
(und einem lieben Freund zum Geburtstag) gratulieren.
Die passende Geräuschkulisse liefern ein paar wenige
endlos lange Güterzüge, deren Tröten die in dieser
Gegend wohl eher seltenen Autofahrer
beim kollisionsfreien Passieren der Bahnübergänge unterstützen soll.
Klamath Mountains
Aus den gestrigen Erfahrungen lernend,
machen wir uns bei unserer nächsten Meilenfresser-Etappe (411 Meilen)
nach »Grants Pass«
zeitig auf den Weg und verzichten auch auf weitschweifende Umwege.
Dennoch können wir während der Fahrt
ausgiebig von der sich ständig ändernden Landschaft zehren:
Obstplantagen wechseln sich mit trockenen Prärielandschaften,
dem satten Grün der dicht bewaldeten Berge und einem schönen Blick
auf die schnee- und gletscherbedeckten Gipfel
der »Klamath Mountains« ab.
Unsere Mittagspause verbringen wir am »Sacramento River«
und entdecken bei unserem kleinen Spaziergang auch eine Zen-Eiche,
die faustgroße Eicheln trägt.
Der kleine Park am Ufer des Flusses ist ganz besonders
bei Hundebesitzer:innen beliebt,
herrscht doch hier eine ausdrückliche Ausnahme
vom allgemeinen Leinenzwang in Kalifornien.
So treffen wir zwar tatsächlich deutlich vor Sonnenuntergang
auf unserem Campingplatz in Oregon ein,
das geplante frühe Abendessen bei untergehender Sonne
scheitert aber an der Schusseligkeit des Grillmeisters,
der beim letzten Grillen den Grillrost auf dem Campground
vergessen hat.
Um seinen Fehler zu korrigieren,
muss er also noch zum nächsten Supermarkt fahren,
wo ihm ein freundlicher Verkäufer,
nach mehrfacher Entschuldigung, keine einzelnen Grillroste zu haben,
dann einen Weber-Grill in gleicher Größe für den halben Preis
($18,35) überließ, da das im Regal verstaubende Einzelstück
ohnehin niemand haben wolle,
der Rost aber für unseren Grill passen müsste.
Folsom
Auf unserem Weg zum nördlichsten Punkt unserer Reise im Westen der USA
(Seattle) werden die Fahrtstrecken merklich länger
(heute waren es 254 Meilen)
und die Ankunft auf dem Campingplatz erfolgt
bei bereits eingebrochener Dunkelheit.
Trotzdem bleibt das Fahren,
abgesehen von der nötigen Konzentration,
äußerst entspannt und die Eindrücke entlang der Strecke
sind vielfältig und können auch vom Fahrer genossen werden.
Nach Erledigung der nötigen Einkäufe
(insbesondere natürlich auch das Friday-only-Chicken-Wings-Sonderangebot
für das heute etwas später genossene Mittagessen)
weichen wir wieder einmal von der schnellsten Route ab,
und steuern das »Rancho Seco Reservoir« an,
einem weiteren Stausee in den Hügeln Kaliforniens.
Dort stehen vom ehemaligen Kernkraftwerk,
das nach einer Volksabstimmung 1989
nach noch nicht einmal der Hälfte
der ursprünglich genehmigten Betriebszeit
stillgelegt werden musste,
immer noch die beiden Kühltürme ohne jedwede Funktion.
Heute ist der See ein lauschiges Plätzchen
für Angler, Wasservögel, mittagessende Tourist:innen
und natürlich auch für eine Fuffzehn am Nachmittag.
Die vom AKW verbliebene Stromnetzinfrastruktur
wird heute von einem großangelegten Solarkraftwerk genutzt.
Zum Abend erreichen wir dann Folsom,
eine alte Stadt am Folsom Lake,
die mittlerweile nicht nur für ihr
von Johnny Cash (und es ihm nachtuenden) besungenes
Gefängnis sondern
auch als eine der Heimstätten der Halbleiterschmiede Intel
bekannt ist.
Im »Historic District«
(eigentlich nur eine Straße)
genehmigen wir uns etwas exzellenten Wein
zur Charcuterie aus zweierlei Käse, Salami
und anderen Leckereien,
nachdem wir nach längerer Suche einen Parkplatz
für unser in den engen Straßen
doch etwas unhandlichem Gefährt gefunden haben.
Die Museumsbahn, mit der wir bei einem früheren Besuch
noch gefahren sind, wurde mittlerweile stillgelegt
und musste den wohl in aller Welt vorangetriebenen
Stadtaufhübschungsplänen weichen.
Auch das örtliche Eisenbahnmuseum
hat nur noch samstags für gerade mal sechs Stunden geöffnet,
hat sich aber in Abwesenheit der Menschen
zum abendlichen Treffpunkt der Folsom-Katzenbande entwickelt.
Yosemite
Zur Halbzeit unserer Wohnmobiltour im Westen
machen wir uns zeitig auf den Weg zum
»Yosemite National Park«,
um möglichst viel von der beeindruckenden Landschaft mitzubekommen,
die wir zum ersten Mal bei noch andauernder Schneeschmelze
und damit verbundenem Wasserreichtum erleben dürfen.
Wie erwartet sind die sich auftürmenden Felsmassive
mit zahlreichen Wasserfällen ein traumhaftes Erlebnis,
das wir fahrend und auch zu Fuß ausgiebig genießen.
Der »Gnadenfluss« Merced River
bietet mit seinen gewaltigen Wassermengen
ein besonders beeindruckendes Schauspiel,
stetig wechselnd zwischen reißenden Fluten
und einer trügerischen, stillen Ruhe in den wassergefüllten Auen
der breiteren Talabschnitte.
Beim Bridal-Veil-Wasserfall kühlen die gewaltigen
sich ins Tal ergießenden eiskalten Wassermassen
die Umgebungstemperatur deutlich ab
und die beim Auftreffen erzeugten Gischtwolken
tragen zu weiterer Abkühlung der Besucher:innen bei.
Auf Bären und andere größere Wildtiere
müssen wir bei unseren Wanderungen leider verzichten,
eine sich sonnende Schlange und anderes Getier
zeigen uns aber, dass nicht nur die Pflanzenwelt im Yosemite ihre Reize hat.
Spät abends und nach dann doch 137 gefahrenen Meilen
auch einigermaßen geschafft,
kehren wir auf den Campingplatz zurück,
um den warmen Abend mit leckerem Essen und ebenso leckerem
und gut gekühltem Wein vor dem Wohnmobil ausklingen zu lassen.
Susanne: Ich komme zwar nicht regelmäßig dazu, eure Reise hier gedanklich zu begleiten, doch immer, wenn ich reinschaue (so wie jetzt), bin ich fasziniert und begeistert: tolle Fotos und unterhaltsame Berichte! Danke euch und: weiter so!
Übergrößen
Leider sind die Campgrounds im
»Yosemite National Park«
noch geschlossen,
so dass wir einen Platz im
»Yosemite RV Resort«
gebucht haben, ein Campingplatz,
der 25 Meilen südlich des Westeingangs zum Park liegt
und die Basis für unseren morgigen Ganztagesausflug
in den Nationalpark bieten wird
(ein Durchqueren des Parks ist aktuell noch nicht möglich,
da der Tioga Pass wegen des lang andauernden Winters dieses Jahr
voraussichtlich erst im Juli wieder geöffnet sein wird).
Die damit verbundene kurze Fahrtstrecke von 110 Meilen
nutzen wir für ein Übergrößen-Shopping
in einem Outlet-Center in Tulare.
Dort waren wir bei Schuhen für den Chronisten auch erfolgreich
(zwei Paar Schuhe Größe 49 für insgesamt 85 Dollar),
bei den Hosenweiten endet das Angebot bei Levi's
aber bereits bei einer Weite von 42 (Inch),
was wahrscheinlich daran liegt,
dass wir uns noch mitten in einem Obstanbaugebiet befinden.
Die Mittagspause gibt es nordöstlich von Fresno am Millerton Lake,
einem der vielen Stauseen, die,
neben wohlfeiler Arbeitskraft,
Garant der üppigen Ernten in der kalifornischen Landwirtschaft sind,
gilt es doch das in den Pazifik strömende Wasser der Schneeschmelze
in der Sierra Nevada das ganze Jahr über verfügbar zu machen.
Als (mitten in der Woche) seltene Besucher in dieser Recreation Area
entscheiden wir uns nach gründlicher und mehrfacher Begutachtung
der drei Picknickplätze oberhalb des Sees für ein schattiges
Plätzchen an dem die Reiseleiterin den Lunch zubereitet und serviert.
Dabei genießen wir den Blick auf den heute fast leeren See
(wir konnten gerade mal ein Boot entdecken),
können uns aber wegen der riesigen,
heute aber absolut leerer,
Parkplätze vorstellen,
was für ein Treiben an und auf diesem See am Wochenende herrschen muss.
Für die letzten Meilen bis zum Campingplatz
wählen wir eine kleine, schmale und kurvige Country-Road,
auf der wir fast so alleine wie vorher am See sind
und daher die Roadside-Eindrücke ganz gemütlich genießen können.
Wegen extrem hoher Brandgefahr sind auf dem Campingplatz keine Feuer
und auch keine Holzkohlengrills gestattet
(wussten wir aber bereits im Voraus),
so dass wir heute mal wieder etwas lecker Gekochtes zu Abend essen.
Kings Canyon
Nach dem ausgiebigen Frühstück (Eier, Speck und Bohnen)
machen wir uns wie geplant auf den Weg zum
»Kings Canyon National Park«.
Die einfache Fahrtzeit für die 65 Meilen beträgt ungefähr 80 Minuten.
Dort angekommen ist es trotz der Höhe von knapp 2.000 Metern
nur unwesentlich kühler (T-Shirt ist immer noch angesagt),
es liegt aber auch noch Schnee,
der gleich mal zum Schneespaziergang einlädt.
Trotz der Wärme und fortschreitender Schmelze
liegt der Schnee noch so hoch,
dass die Tische der Picknickplätze eben mit dem Schnee abschließen.
Bei der Querung eines Schmelzbaches
zeigt sich das scheinbar dicke Schneelagen,
dem dank reichlicher Ernährung gesteigerten Gewicht des Chronisten
nicht mehr standhalten können,
was zu durchnässten Schuhen und nassen Füßen führt,
die aber bei der herrschenden Temperatur keineswegs unangenehm sind.
Gründliches Kartenstudium zeigt uns,
dass tatsächlich zwei Loop-Trails im Park
als passierbar ausgewiesen sind
und diese sogar noch durch einen weiteren Trail verbunden sind.
Na also!
So steht unserer Wanderung über Stock und Stein
(OK, Stock ist eine Untertreibung angesichts
der teilweise doch sehr massiven Baumstämme,
die in kurzen Abständen den Weg blockieren)
nichts mehr im Wege.
Auf dem Weg genießen wir den herrlich intensiven Holzduft
des Schneebruchs, an dem die Termiten und schwarzen Ameisen
noch einige Zeit zu arbeiten haben werden,
die massigen und kerzengerade gewachsenen Sequoias
und den Ausblick auf den wunderschönen »Sequoia Lake«.
Eine weitere Herausforderung stellen die Schneeschmelzbäche dar,
die immer mal wieder den Pfad queren und zur halbwegs trockenen
Passage Balance und beherzte Sprünge einfordern.
Nach der Rückkehr zum Wohnmobil zeigt sich,
dass die Entscheidung sich auf dem Weg in den Park
an einem Selbstbedienungs-Straßenverkaufsstand
mit Orangen und zweierlei Mandarinensorten einzudecken,
eine weise war,
herrscht doch hier oben trotz des Schnees eine
spürbare und temperaturentsprechende Trockenheit.
Wieder einmal ein sehr schöner Tag beeindruckender Natur!
Zurück auf dem Campingplatz
heißt es dann sich ums Abendessen zu kümmern
und einen Wäschewaschabend einzulegen,
auch deshalb,
weil die Beinkleider des Chronisten deutliche Schlammspuren
aus gewollten und ungewollten Passagen aufweisen.
Regine: Ihr seht sehr glücklich aus und habt lustige Berichte die zum Schmunzeln anregen. Habt ihr euch einen kuscheligen Kakteenableger mitgebracht, für unliebsame Nachbarn, wobei, die gibt es ja nicht und wachsen tut er allemal nicht bei uns. Martin was macht denn deine Kochlust, hast du auf Barbecue umgestellt? Ganz liebe Grüße von Christiane und Regine aus Korsika.
Martin: Solange sich die Hose noch irgendwie schließen lässt, gibt es zuhause nicht nur BBQ … versprochen!
Virginia: Ich sehe die Trockenheit und die spröde Natur mit Erstaunen, hier ist selbstverständlich alles saftig grün, nur warm ist es nicht, deshalb bin ich ein bisschen neidisch auf eure Temperaturen, wenngleich alles über 30 Grad dann auch anstrengend wird. Die Geisterstädte sehen aus wie vergessene Requisiten eines Western. Sehr eindrucksvoll. Und die Rinder grasen ohne Gras, ziemlich vertrocknet … Sehr schöne Bilder! Gute Weiterreise, viele liebe Grüße aus der fernen Heimat.
Aus der Wüste
Der Weg aus der Mojave-Wüste zu unserem Basislager
für den geplanten Besuch im »Sequoia National Park«,
im 232 Meilen entfernten Visalia,
ist wieder einmal Fahr- und Einkaufstag,
weshalb es von den auf der Fahrt gewonnenen vielfältigen Eindrücken
auch mangels Zwischenhalten praktisch keine
fotografische Dokumentation der Fahrt gibt.
Für uns Fahrende ist es aber sehr beeindruckend zu beobachten,
wie sich die Wüste bis zum Anstieg in die Berge
mit immer mehr Vegetation füllt
(Kakteen, Joshua Trees, allerlei Gestrüpp)
und selbst einzelne Rinder wieder etwas Nahrung finden.
Mit Überschreiten des »Tehachapi Summit«
beginnt der Abstieg in die fruchtbaren Täler Westkaliforniens,
mit weiten Feldern, ausgedehnten Obst- und Weinplantagen,
zahlreichen gut genährten Milchkühen,
Ölförderfeldern (bei Bakersfield) und,
der Menge an innerhalb ihrer Zäune im Freien gehaltenen Milchkühen angepasst,
ebenso zahlreichen Biogas- und Biokraftstofffabriken.
Dass beim steilen Abstieg aus den Bergen
auch Güterzüge in Probleme geraten können,
sehen wir anhand der wie ein Stillleben am Hang drapierten
und auf der Seite liegenden Zuglokomotiven und umgestürzter
Güterwagons eines der in dieser Gegend zahlreich verkehrenden
endlos langen Ferngüterzüge.
Vor dem gegrillten Abendessen auf dem Campingplatz
besprechen wir noch die Ausflugspläne für den folgenden Tag,
müssen dabei aber sehr vage bleiben,
hat sich doch herausgestellt,
dass die Schneemassen des Winters und die Schlammmassen des folgenden Tauwetters
praktisch alle Straßen im »Sequoia National Park« unpassierbar
gemacht haben und dieses Schicksal auch die meisten Trails teilen.
So werden wir uns morgen zunächst mal in den nördlichen Wurmfortsatz
des Nationalparks, den »Kings Canyon National Park«,
begeben, wo die Straße bis zum Visitor Center selbst für unser
Wohnmobil befahrbar ist und uns dort mit weiteren Informationen versorgen.
Mojave
Nach längerem und mehrfachem Hin-und-her-Schwanken
entscheiden wir uns am Morgen doch gegen einen
Abstecher in das bergige Grün am »Great Bear Lake«,
sondern fahren der Hitze trotzend einen weiteren Tag durch die Wüste
und bestaunen dabei die trotz vermeintlicher Ödnis abwechslungsreiche
Natur und die Tatsache, dass überall in dieser Gegend Menschen leben.
Auch der Wüstenpragmatismus zeigt sich entlang der 269 Meilen langen
Fahrtstrecke: Mobilfunksender werden bei kleineren Ansiedlung einfach
in eine hochgewachsene Palme gehängt und Solarpanels
zur Direkteinspeisung ins Stromnetz finden sich immer
wieder an den zahlreichen,
die Überlandstromleitungen tragenden Holzmasten.
Bevor wir auf dem Campingpatz in der Mojave-Wüste landen,
besuchen wir noch zwei eher touristische Orte,
die sich auch in den zahlreichen Route-66-Reiseführern finden.
Barstow, mit einem kleinen von zwei älteren Männern an drei Tagen
in der Woche betreuten Eisenbahnmuseum und einem ebenso kleinen
Route-66-Museum, das aber heute geschlossen hat:
Auch für die »Mother Road« gilt der Muttertag.
Dass der »Mother's Day« in dieser Gegend bedeutsam ist,
konnten wir bereits während der Fahrt feststellen,
da das Angebot der Straßenhändler von allerlei Obst
und Erfrischungsgetränken vollständig auf Blumen umgestellt wurde.
Unser zweites Ziel ist Calico,
eine ehemals vom Silberbergbau dominierte Stadt,
die seit einiger Zeit vollständig verlassen ist
und als Touristenattraktion wieder belebt wurde.
Der Campingplatz ist überraschend gut besucht
und es zeigt sich, dass Off-Road-Fahren,
sei es mit Geländemotorrädern oder Allradautos,
ein beliebtes Vergnügen in der Wüste zu sein scheint:
Wir sind die Exoten auf dem Platz,
da wir keines dieser Fahrzeuge dabei haben,
genießen aber die Zeit im Schatten eines Baumes
vor dem Wohnmobil,
nachdem der angekündigte Sturm ausgeblieben ist
und nur ein mildes und angenehm kühlendes Lüftchen weht,
das die Abendtemperaturen von 32 Grad angenehm erträglich macht.
Joshua Tree
Von Kopf bis Fuß auf Wüste eingestellt
machen wir uns mit einem letzten etwas wehmütigen Blick
auf die schneebedeckten Gipfel der weiter entfernten Berge
auf den Weg zu einem Tagesausflug
in die gleißende Sonne des »Joshua Tree National Park«.
Dadurch dass wir dieses Jahr deutlich zeitiger
als bei früheren Besuchen dran sind,
werden unsere Augen von einer angenehmen Farbenpracht
blühender Kakteen und anderer Wüstenpflanzen
angenehm überrascht.
Wir befahren den Nationalpark durch den Südeingang
und durchstreifen zunächst den »Ocotillo Patch«
einem ausgedehnten Gebiet mit vereinzelt hoch aufragender
und rotblühender Occotillo-Kakteen.
Der nächste Ausflug gilt einem großflächigen Hain
dicht an dicht stehender Cholla-Kakteen,
die wegen ihres weichen und weißen Flaums auch
»kuschelige Kakteen« genannt werden.
Die Vermehrung dieser Pflanzen erfolgt über die
zu Boden fallenden Fruchtkörper,
die nur wenig vom Wind bewegt werden,
so dass im Laufe der Zeit in diesem Gebiet praktisch
alle anderen Pflanzen verdrängt wurden.
Dass diese Kakteen zwar optisch zum Kuscheln und Streicheln
einladen, mensch das aber tunlichst unterlassen sollte,
musste auch Paul als kleiner Junge schmerzhaft erfahren,
da der scheinbare Flaum in Wirklichkeit extrem scharfe
Nädelchen sind,
die sich schon bei einer leisen Berührung
tief unter die Haut eingraben.
Danach wird es dann auch Zeit für eine Mittagspause,
die wir in Campingstühlen vor dem Wohnmobil sitzend
mit herrlichem Ausblick auf die »Jumbo Rocks« genießen
und dabei Eiskaffee schlürfen bzw. die Eiscreme lieber gleich pur löffeln.
Der Anblick der durch den stetigen Wind,
der auch die Mittagssonne für uns deutlich erträglicher macht,
weich und rund geschliffenen Felsen
animiert uns zu einem ausgedehnten Fußmarsch
durch die Felsenlandschaft.
So ein Tag vergeht leider viel zu schnell,
und wir statten den Namensgebern des Parks,
den Joshua-Bäumen im »Hidden Valley«
noch einen kurzen Besuch ab,
bevor wir uns wieder auf die Rückfahrt zum Campingplatz machen,
dieses Mal vom Nordausgang des Parks aus.
Nach dem Abendessen im Wohnzimmer bei heftig arbeitender Klimaanlage
warten wir auf die zwar nur wenig aber immerhin etwas niedrigeren
Temperaturen nach Sonnenuntergang,
um uns noch ein Gläschen Wein im Freien zu gönnen.
Virginia: Die Gegend, durch die ihr reist, wird karg, hat nicht mehr die Farben der Städte, Temperaturen, die dünne Kleidung, kurze Hosen erklären. Kakteen brauchen offensichtlich viel mehr Platz und höhere Temperaturen, als in meinem Wohnzimmer, um glücklich zu wachsen. Und wie Martin schreibt, die Tage vergehen sicher viel zu schnell … Hut ab vor den Fußmärschen! Viele liebe Grüße aus der fernen Heimat.
Palm Springs
Mit unserer Abreise aus San Diego
verabschieden wir uns nicht nur vom Meer,
sondern auch von Tagestemperaturen um die 18°C
und nächtlicher Unterstützung durch die gut funktionierende
Gasheizung des Wohnmobils.
Am Ende unserer heutigen Etappe von 162 Meilen
erreichen wir einen Campingplatz östlich von Palm Springs,
bei Tagestemperaturen von 36°C,
die nachts gerade mal auf 21°C absinken.
Damit ist der erste Tag erreicht,
an dem es auch für die Reiseleiterin in Ordnung ist,
die Klimaanlage unseres mobilen Zuhauses in Betrieb zu nehmen.
Auf dem Weg dorthin überqueren wir die San Bernardino Berge,
einen Gebirgszug, der deutlich erkennbar die Küstenlandschaft am Pazifik
von der nun vor uns liegenden Wüste trennt.
In diesen Bergen lebten einst die Cahuilla,
die »Freunde der Wüste«,
von denen auch heute noch einige im Santa-Rosa-Reservat wohnen.
Diese Gebirgszüge im Frühjahr zu erleben,
zeigt einem die Fruchtbarkeit und Blütenpracht der Landschaft
selbst in diesen klimatischen Verhältnissen … im Sommer
begegnen einem dort nur braune Farben gemischt mit dem blassen
Grün wasserspeichernder Kakteen.
Bereits von hoch oben präsentiert sich Palm Springs
als künstlich geschaffene grüne Oase inmitten der Wüste,
einer Stadt, in der betuchte Pensoniäre hinter dicken Mauern
ihren Lebensabend in sattem Grün und wie vom Friseur gestylten
Palmen verbringen. Für jüngere Menschen und Touristen wie uns,
bleibt ein kurzer Besuch bei »Cigars and Wines«,
wo fein zerstäubtes Wasser die Temperaturen im Freien lindert.
San Diego
Nachdem am gestrigen Tag fast alle Museen geschlossen hatten,
beschließen wir an unserem zweiten und letzten Tag in San Diego
doch noch etwas für unsere Bildung zu tun
und begeben uns erneut in den Balboa Park.
Dort steuern wir gleich zwei Kunstmuseen an,
eines mit freiem Eintritt
und ein anderes mit »pay what you wish«.
Frei nach Wolfgang Neuss (»Heut mach' ich mir kein Abendbrot,
heut mach' ich mir Gedanken«) verschieben wir dafür
sogar unseren zweiten Sushi-Lunch auf den Nachmittag.
Nach dem späten Mittagessen setzen wir unseren Fußmarsch
durch die Stadt fort und wandern ans Wasser zur Bay,
wo wir den Boardwalk bis zum Seaport Village erkunden und erlaufen,
um uns dort für ein gemütliches Abendessen mit Blick auf die Bucht
niederlassen und es so sogar noch vor Einbruch der Dunkelheit
wieder auf unseren Campingplatz schaffen.
Balboa Park
Zur Fahrt in die Stadt nutzen wir
von unserem eine Stunde südlich der Innenstadt gelegenen Campground,
wie mittlerweile gewohnt,
das gut ausbebaute Netz des komfortabel zu nutzenden ÖPNV in San Diego.
Unser erstes Ziel am Vormittag ist der Balboa Park,
eine reichhaltige Sammlung verschiedener Museen
und ein Refugium für Künstler in großflächig
angelegtem Grün gelegen.
Unseren zweiten Frühstückskaffee trinken wir bei Daniel's Coffee Cart
gemeinsam mit im Zoo Beschäftigten, arbeitenden und Lebenskünstlern
im »Spanish Village«.
Da fast alle Museen am Mittwoch geschlossen haben
(aber wohl nicht nur deshalb),
hat die Reiseleiterin sehr zur Freude des Kindes im Manne
das »San Diego Model Railroad Museum« für
einen gemeinsamen Besuch ausgewählt.
Die riesigen und mit viel Liebe zum Detail
streng an realen Vorbildern der Eisenbahngeschichte
im Südwesten der USA und wohl noch auf Jahrzehnte in Bau befindlichen
Modellbahnanlagen begeistern nicht nur den Chronisten nebst Reiseleiterin
sondern ganz offensichtlich auch die (leider nur) Männer,
meist in der gleichen Altersliga wie der Chronist spielend,
die mit verschiedenen Bauarbeiten aber auch einfach nur
mit Eisenbahnspielen das groß angelegte Museum betreiben.
Nach dem ausgedehnten Besuch und einer kleinen Fachsimpelei
mit einem der Erbauer, der leicht neidisch seiner Begeisterung
darüber, dass die »guys from Germany« tatsächlich
schon einmal das »Miniatur Wunderland« in Hamburg
besucht haben, Ausdruck verlieh,
nicht ohne anzumerken,
dass dieses der einzige Grund für ihn sei,
vielleicht doch einmal nach Deutschland zu kommen,
gibt es endlich das schon lange ersehnte Sushi für die Reiseleiterin
und ihre Begleitung im »Su Su Sushi«,
einem netten und familiären Lokal in der Nähe des Parks.
Ausgestattet mit der »PRONTO-App« für den Nahverkehr
begeben wir uns auf eine Rundreise durch die Suburbs und weitere
Umgebung San Diegos, auf der wir auch »Old Town«
entdecken, den Ort der ersten Besiedlung durch die spanischen
Eroberer in dieser Gegend, den wir spontan als unseren Ort
für das Abendessen auswählen.
Mit einbrechender Dunkelheit geht es dann wieder zurück
zu unserem geduldig wartenden Wohnmobil,
das wir mit Trolley, Bus und einer Viertelstunde Fußweg
auch wieder erreichen.
Küste der Pelikane
Vom menschenleeren Campingplatz in die pulsierende
Großstadt … auf dem kurzen Weg nach San Diego (104 Meilen),
dieses Mal ohne Arbeitsprogramm für den Chronisten
und auch ohne die gewohnten Standardziele für den Familienurlaub
(»Sea World« und »San Diego Zoo«),
genießen wir nochmals ausgiebig die Strände und Küste des Pazifik.
In Ocean View erleben wir, wie sich wohlhabende Villenbesitzer
den Strandzugang zwischen ihren Häusern
mit dem normalen Volk teilen (müssen?)
und beobachten über der Brandung auch zahlreiche Pelikane,
im wechselnden Formationsflug oder auch einzeln,
auf der Suche nach Fischen.
In Carlsbad erfüllt sich endlich der langgehegte Wunsch
der Reiseleiterin nach frischen und schmackhaften Erdbeeren,
direkt von den auch hier im Süden noch zahlreichen Erdbeerfeldern.
Als letzte Erholung vor der befürchteten und auch erlebten
Rush-Hour San Diegos steuern wir
den »Torrey Pines State Natural Reserve« an,
wo wir nach Erklimmen der Steilküste einen fantastischen
Ausblick auf den Pazifik genießen können
und der Weg zur Anhöhe eine breite Vielfalt noch blühender
Landschaften zwischen Wüste und Pazifik bietet.
Als sich die Pelikane dazu entschließen,
sich nach der täglichen Arbeit beim Fischfang
zur wohlverdienten Abendruhe auf einer Sandbank
in einem Zufluss des Pazifik niederzulassen,
machen auch wir uns auf den Weg und kämpfen uns
durch das Geflecht der Interstates zu unserem Campingplatz
in Chula Vista im Süden San Diegos,
wo wir drei Nächte bleiben werden,
damit uns genügend Zeit für die Stadt
und für die abendliche Hausarbeit (Wäschewaschen) bleibt.
Die himmlische Ruhe auf dem Platz wird dabei
nur von krakeelenden Krähen,
die allerlei Äste und Zapfen auf das Wohnmobildach werfen,
und einem während des Abendessens ankommenden Schulausflug,
bei dem der eintreffende Bus sich aber schnell
in die wartenden Hütten verteilt,
streng nach Weiblein und Männlein getrennt,
versteht sich.
Santa Monica
Unserer weiterer Weg führt uns entlang der Pazifikküste
zum Pier von Santa Monica, dorthin, wo einst die Route 66
ihren meeresbedingten Schlusspunkt gefunden hat.
Uns, oder besser gesagt die Reiseleiterin,
treibt aber die Vorfreude auf leckeres Sushi an das Pier,
das wir bei früheren Ausflügen an diesen Ort bei »Albright«
genießen konnten.
Leider hat seit unserem letzten Besuch die Besitzerin gewechselt,
und es gibt zwar noch allerlei Meeresgetier,
aber nur noch in gekochter oder gebratener Variante.
Wir entscheiden uns für Muscheln
und sind angenehm überrascht,
dass Muscheln auch mit Sahne-Wein-Knoblauchsauce sehr lecker sein können.
Den Strand links und rechts des Piers kannten wir aus der Erinnerung
nur als dicht bevölkerte Bade- und Promeniermeile,
dem Wochentag (Montag) und der Jahreszeit (Anfang Mai) geschuldet,
ist der Sand bei unserer Ankunft praktisch menschenleer
und füllt sich auch nach dem Mittagessen nur wenig.
Die braungebrannten Burschen und
die damit einhergehende Folklore sind dem neoprenierten Outfit
der Surfanfänger:innen gewichen, die sich
dem Surfin USA verschrieben haben.
Immerhin rangiert das Pier von Santa Monica immer noch so hoch
auf der Liste der Sehenswürdigkeiten,
dass wir die Gelegenheit hatten
auch ein paar Fetzen Muttersprache aufzuschnappen.
Danach ging es wieder ins Landesinnere,
zum Lake Vail bei Temecula,
also an die Grenze zur Wüste im Südwesten der USA.
Unseren ebenfalls riesigen aber menschenleeren Campingplatz
erreichten wir nach insgesamt 198 Meilen
aber deutlich überproportionaler Fahrzeit,
mussten wir doch Los Angeles von West nach Ost durchqueren,
bis wir endlich von der Interstate Richtung Wüste abbiegen konnten.
Die einzige Geräuschkulisse auf dem Platz war das Hämmern
der zahlreichen Spechte, die sich zum Abendessen mit Insektenlarven
aus den Baumstümpfen versorgten … vom angekündigten
Rasseln der zu dieser Zeit wohl häufiger auftauchenden Klapperschlangen
haben wir auf unserer Site aber glücklicherweise nichts vernehmen können.
Santa Barbara
Den Spuren eines Heilbronner Freundes folgend,
führt uns die nächste Etappe bei strahlend blauem
und vollständig wolkenlosem Himmel auf 112 Meilen
wieder zurück zum Pazifik nach Santa Barbara.
Auf dem Weg, in Los Olivos, sind wir gleich zweifach zu früh dran:
Das große Olivenfest zur Ernte wird es erst am 10. Juni geben
und die zahlreichen lokalen Weinbauern schlafen
am Sonntagmorgen um neun Uhr noch friedlich,
so dass für uns auch kein Wine-Tasting möglich ist.
In Erinnerung an das leckere dänische Eis,
das die Reiseleiterin vor Jahren in Solvang,
der »dänischen Hauptstadt Amerikas«,
genossen hat, schlendern wir auch durch diesen
langsam erwachenden Ort. Leider hat die bekannte Eisdiele
(noch?) geschlossen, es bleiben uns zum Trost aber
Kaffee und dänische Süßstückchen.
Den letzten Zwischenstopp gibt es in Buellton,
wo wir uns beim bekannten Erbsenspalter Andersen
mit zwei Dosen seiner »Split Pea Soup« versorgen,
die es später zum Mittagessen geben soll.
Auf dem einzigen direkt in der Stadt gelegenen Campground
in Santa Barbara erhalten wir einen groß dimensionierten
und ausdrücklich für Beeinträchtige ausgewiesenen Stellplatz,
auf dem wir uns zuerst mal die »Split Pea Soup«,
verfeinert mit dickem Speck und geröstetem Sauerteigbrot,
schmecken lassen, bevor wir uns auf den Fußweg zum Strand
und zum »Stearns Wharf« ans Meer begeben.
Die am Wharf normalerweise zahlreich beim Fischfang
zu beobachtenden Pelikane scheinen sich heute im Fangstreik
zu befinden und ruhen sich in großer Zahl auf zwei kleinen,
dem Strand vorgelagerten Felsen, aus.
Vom Strand geht es dann entlang der Fußgängerzone in der State Street
weiter zu einer lokalen Winery (für den Aperitivo) und danach
zur mexikanischen »Sandbar«,
wo wir uns ein paar leckere Fisch-Tacos munden lassen.
Der Rückweg führt uns durch ein Industriegebiet
und später auch Vorstadtwohnhäuser zurück
zu unserem Camping(park)platz.
Lake Lopez
Eigentlich wollten wir unser Frühstück heute in idyllischer Umgebung
bei loderndem Feuerschein genießen.
Es zeigte sich aber wieder einmal,
dass der Chronist ein ausgeprägter Stadtmensch ist
und das von ihm angefachte Feuer
zur Belustigung der beobachtenden Vögel
zum gleich wieder erloschenen Flämmchen geriet.
Glücklicherweise strahlte die Sonne so kräftig,
dass ein Feuer ohnehin nur dekorativen Charakter gehabt hätte.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf den steilen Anstieg
in die den See umgebende Hügelkette,
die wir eigentlich bis zur Seespitze
in sonnig-luftiger Höhe erwandern wollen.
Dank fehlender Trail-Wegweiser
sind wir aber auf einem nicht für Touristen gedachten Pfad gelandet,
der uns durch, über und unter (letzteres ging nur flach rutschend)
Gestrüpp irgendwann in das Bett eines steil den Berghang
hinabschießenden Bachs bringt,
der aber glücklicherweise kein Wasser mehr führte,
so dass wir trockenen Fußes,
dank deutlichem Gefälle aber auch schneller als geplant,
wieder auf Seehöhe anlangten.
Nach der Neuorientierung, (auch) unter Zuhilfenahme der Komoot-App,
finden wir noch einen weiteren Wanderweg,
der uns auf und ab und quer durch die Wälder
zur Marina und einem wohlverdienten Margherita führt.
Damit ist es auch schon wieder Zeit
für einen späten Nachmittagskaffee am Wohnmobil geworden
und zur Vorbereitung des Abends nimmt
die deutlich naturaffinere Reiseleiterin
diese Mal selbst das Holzheft in die Hand,
um ein tatsächlich loderndes und wärmendes Feuer zu entfachen,
während sich der Chronist um Vor- und Zubereitung des Grillguts kümmert.
Digital Detox
Kein WiFi und die noch offene Frage,
ob der schwache Mobilfunkempfang für das Hochladen des Blogs ausreicht,
erleben wir in einem wunderschönen Park direkt am Lake Lopez,
wo wir noch eine Campsite ergattern konnten. Doch der Reihe nach …
Für die 192 Meilen zum See beschließen wir,
uns von der Küste zu entfernen und durch eines der weiten Täler Kaliforniens,
mit ausgedehnten Feldern (Erdbeeren, Artischocken und anderes Grünzeug)
zu fahren, das sich an seinem südlichen Ende zu einem Weinanbaugebiet
entwickelt. Inmitten der sanften Hügel in einer realen Welt die Imagination
der »Strawberry Fields Forever« zu
erahnen … wären da nicht die meist mexikanischen Wander- und
Saisonarbeiter:innen, die die immer noch hochgradig manuelle Erntearbeit
auf den mit riesigem Wasseraufwand bestellten Feldern erledigen.
Aus dem landwirtschaftlich dominierten Tal fahren wir in die Berge,
in den Pinnacle Nationalpark, wo wir uns die Zeit für eine kleine
Fußtour durch beinahe unberührte Natur nehmen,
bis wir dann auf der bereits erwähnten Campsite am Lake Lopez
zum entspannten Grillen niederlassen und uns auf den nächsten
Tag freuen, an dem wir die den See umgebende Hügellandschaft
ausgiebig zu Fuß erkunden wollen.
Tommi: Bei uns ist es heute wahrscheinlich wärmer als in California. Wir sind am Grillen. Kommt Jeannette eigentlich zu ihren regelmäßigen Schwimmrunden? Im Meer oder Pool? Und wo sind die Beweisfotos? Wir verfolgen eure Reise immer wieder gern. Liebe Grüße, Tommi+Steffi.
Jeannette: Die Pools hier sind nicht verlgeichbar mit den wunderschönen Heilbronner Bädern und ihren Bademeistern, das Meer ist zu kalt und stürmisch, deshalb: keine Beweisfotos.
Gestern war der Chronist krank …
… heut schreibt er wieder, Gott sei Dank!
Der immer noch warmen aber ohn' Unterlass triefenden Nase geschuldet,
hat sich der Chronist für den letzten Tag in San Francisco
weitgehend Bettruhe verordnet,
die lediglich von einem aufmunternden brasilianischen Frühstück
(Quibe und Abraçadinho) und einem italienischen Menü
in Little Italy unterbrochen wurde.
Glücklicherweise blieb die Reise(beg)leiterin bislang
von solcher Unbill verschont
und konnte die wenige regenfreie Zeit des Tages
an der Bay von San Francisco verbringen.
Nach einem etwas holprigen Start
(Computerprobleme bei der Übernahme des Wohnmobils,
endlos lange Schlangen an der Kasse im Supermarkt)
befinden wir uns endlich wieder auf dem Weg
in einem für uns neuen Wohnmobil.
Da der Wohnraum in Kalifornien deutlich teurer
als in anderen Teilen der USA ist,
haben wir uns an der Westküste für ein kleineres Domizil entschieden
und auf vier Quadratmeter Wohn- und Schlaffläche verzichtet.
Ungeplant erhielten wir von der Vermietung
aber eine Ausführung mit Slideout,
so dass wir mit vollständig ausgefahrenem Wohnraum (im Stand)
dann doch wieder unsere gewohnten 28 Quadratmeter zur Verfügung hatten.
Nach der gründlichen Kontrolle aller Nischen und Einbauschränke
auf möglicherweise mitreisende Gnome
(immerhin heißt unser Wohnmobilmodell »Leprechaun«)
sind wir in kürzester Zeit wieder am Pazifik,
dieses Mal aber bei Sonnenschein und angenehmeren Temperaturen.
Ein Umweg zum bei Halfmoon Bay
gelegenen Redondo Beach lassen
wir angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit ausfallen
und begrüßen den brandenden Pazifik stattdessen am ersten
der entlang der legendären »Highway 1« wie Perlen
an der Schnur gereiht aufeinanderfolgenden State Beaches.
Nach 100 Meilen auf unserem ersten Campingplatz zwischen Santa Cruz und Monterey
angekommen, machen wir Grillnoviz:innen endgültig ernst,
schrauben den beim Einkauf erstandenen Einfachgrill zusammen,
befüllen ihn mit Holzkohle, bringen diese mit ebenfalls
erstandenem Anzünder zur Weißglut und … genießen
nur sechs Minuten später ein leckeres Stück Rindfleisch
begleitet von etwas gegrillter Salsicci und einem leckeren Bio-Salat.
Regenwetter
gibt es auch in San Francisco,
und so entscheiden wir uns nach dem süßen Frühstück
bei »Stella Pastry«
für ein überdachtes Bildungsprogramm im »Exploratorium«,
in der Hoffnung, dass sich der Regen irgendwann mal legen wird.
Dort erwarten uns allerlei interessante und interaktive Exponate
zu verschiedensten Themen aus Wissenschaft und Technik.
In einer Regenpause schaffen wir es dann tatsächlich wieder
trockenen Fußes zurück nach North Beach,
wo wir traditionell chinesisches Essen in ausgiebiger Menge
als frühes Abendessen und als feste Grundlage
für einen Cocktail im »Vesuvio« zu uns nehmen.
Der Cocktail muss aber noch etwas warten,
da zunächst ein lange geplanter und ausgedehnter Besuch
im »City Lights Bookstore« ansteht,
während dessen der kurz pausierende Regen wieder eingesetzt hat.
Glücklicherweise trennen aber die beiden Eingänge nur drei Schritte,
sodass wir es trockenen Fußes zum Cocktail schaffen.
Dort treffen wir auch auf den neuen Künstler des Monats,
David Baillon, mit zu den Ausstellungsstücken gereichten Häppchen,
die wir aber angesichts unseres reichhaltigen Essens in China-Town
nicht in Anspruch nehmen können.
Bei mittlerweile noch heftigerem Regen machen wir uns
auf den Rückweg ins Hotel, wo wir zunächst mal die Jacken,
Taschen und Schals über der Heizung trocknen lassen.
Nachdem alles wieder getrocknet ist
und auch der Regen endgültig aufgehört hat,
begeben wir uns noch auf einen schönen Abendspaziergang
entlang der San Francisco Bay in Richtung
der untergehenden Sonne für einen abschließenden Cocktail
im von jüngeren Menschen empfohlenen »The Interval«.
Der Rückweg bei eingebrochener Dunkelheit,
die nur vom beinahe vollen Mond erhellt wird,
erlaubt uns an unserem vorletzten Abend in der Stadt
noch einen schönen Ausblick auf San Francisco,
die Bucht und die Umgebung der Stadt.
Virginia: Der argwöhnische Blick gefällt mir am allerbesten und die Schmetterlingsrettung natürlich … warte auf neue Bilder und Zeilen. Gute Weiterreise im neuen Mobil. Liebe Grüße aus der Heimat!
There’s a law for everything …
singt John Cale in Hanky Panky Nohow und
wir fahren, dem leichten Regen geschuldet,
mit öffentlichen Verkehrsmitteln über die Market Street,
wo laut Gesetz Elefanten nur an der Leine spazieren gehen dürfen,
zum Golden Gate Park, dem einstigen Treffpunkt der Blumenkinder-Hippies,
und der »California Academy of Science«.
Das Frühstück gibt es heute
in der kleinen lokalen Kaffeerösterei »Beanery« noch
vor unserem Besuch in der Science-Academy,
wo uns bereits allerlei Getier erwartet.
Nach weißen Alligatoren, Riesenschildkröten,
Papageien, Quallen und handzahmen Schmetterlingen
durchwandern wir den gesamten Golden Gate Park
bis zu den Dünen am aufgewühlten Pazifik in Ocean Beach.
Das Ende des Fußwegs wird zum Beginn der Fahrt
mit der Tram zur Castro Street, dem Mekka der LGBTQIA+ in San Francisco,
wo wir den Aperitivo zu uns nehmen.
Abendessen gibt es für uns
im gleichen Viertel im »Starbelly«:
Hühnerleberpastete, Heilbutt und Schweinekotelett
in Begleitung von schmackhaften Happy-Hour-Cocktails.
Als wir das Restaurant verlassen wartet auch bereits schon
ein historischer Streetcar aus dem Jahr 1951,
der uns den ganzen Weg über die elefantenverlassene Market Street
sicher wieder zum Fisherman's Wharf und damit ins Hotel bringt.
Time for another Martini
2023 ist ein weiteres gemeinsames Jubiläumsjahr
des North-Beach-Trios »Vesuvio« (75 Jahre),
»Spec’s Adler Café« (55 Jahre)
und »City Lights« (70 Jahre),
letzteres ein von Lawrence Ferlinghetti gegründeter Verlag nebst Buchhandlung,
der leider bereits vor diesem runden Jubiläum im Alter von 101 Jahren,
kurz vor seinem 102ten Geburtstag, verstorben ist
und sich noch vor seinem Tod
als lebendes Beispiel dafür bezeichnet hat,
dass exzessiver Drogengebrauch kein verlässlicher Schutz
vor einem langen Leben ist.
Auf dem Weg zum »Museum of Modern Art«
machen wir einen kurzen Zwischenstopp zum Frühstückskaffee
bei der »Victoria Pastry Co.«,
die 1914 gegründet dieses Jahr kein rundes Jubiläum feiert,
uns aber dennoch mit einem leckeren süßscharfen Frühstück versorgt.
Den zugehörigen Kaffee genießen wir im gegenüberliegenden Park
mit Blick auf Fahm-Gong-Meditierende.
Danach begeben wir uns auf direktem Weg ins Museum,
wo uns eigentlich ein Happy-Hours-Winetasting-Event
in Sadie Barnettes Installation »The New Eagle Creek Saloon«
erwartet, der von einem lokalen Getränkeladen
aus Oakland (»Alkali Rye«) veranstaltet wird.
Die gemeinsame Weinprobe fällt für uns aber aus,
da die Reiseleiterin die in USA generell angesagte Notwendigkeit
des Mitführens eines amtlichen Altersnachweises mit Lichtbild
für den Konsum von Alkohol noch nicht verinnerlicht hat.
Nach dem ausgedehnten Museumsbesuch bleibt uns immer noch Zeit,
den Klängen eines Jazz-Trios in der Jack-Kerouac-Street,
direkt vor dem »Vesuvio«, zu lauschen,
bevor es zum leckeren Abendessen in eine Tapas-Bar geht,
die nur ein paar Schritte entfernt ist.
Den abendlichen Ausklang finden wir
erneut im »Spec's Adler Café«,
das heute aber, dem Jubiläum geschuldet,
im und vor dem Café brechend voll ist
und wo es sich die Nachbarschaft nicht nehmen ließ,
allerlei leckere Esswaren zur kostenlosen Versorgung aufzutischen,
was als feste Grundlage des an diesem Tag freien ersten Getränks
auch hilfreich war.
San Francisco
Der frühmorgendliche Start nach Westen erfolgt
trotz heftigen Betriebs am Flughafen problemlos.
Das Frühstück an Bord lässt nichts zu wünschen übrig
und die vier Stunden Flugzeit geben genug Zeit
zum Lesen, Dösen und aus dem Fenster schauen.
Im Hotel angekommen, machen wir uns sogleich
auf den Weg zum mittlerweile traditionellen
Clam Chowder im Sauerteigbrot am Fisherman's Wharf,
dem dieses Mal als zweiter Gang auch noch ein
mit Speck umhüllter Hot-Dog mit extrem scharfer Chili-Schote folgt.
Nach dieser Erstversorgung ist erstmal ein Power-Nap angesagt,
um die zwei Stunden Zeitverschiebung zu kompensieren.
Danach wird es Zeit nach North Beach zu laufen,
wo wir uns vor dem »Vesuvio«,
in der »Jack-Kerouac-Street«,
die ersten SanFran-Cocktails schmecken lassen.
Die verbleibende Wartezeit für unsere Reservierung zum Abendessen
im »The Stinking Rose«
(»We season our garlic with food«)
verbringen wir mit einem Bummel durch China-Town,
wo mittlerweile alle Geschäfte ihre Rollläden herunterlassen.
Nach dem wohlschmeckenden und ausgeprägt knoblauchlastigen Essen
zieht es uns zu einem weiteren Cocktail
ins »Spec's Adler Café«,
wo wir die ruhige und entspannte Atmosphäre genießen
bevor es uns erneut ins »Vesuvio« drängt,
wo der Whiskey Sour eindeutig besser ist.
Chicago
»Keine Atempause, Geschichte wird gemacht«
sangen die Fehlfarben vor vielen Jahren,
und so geht es auch dem Chronisten …
Nach gründlicher Inspektion anläßlich der Rückgabe des Wohnmobils,
das uns 2.918 Meilen treu und klaglos begleitet hat,
warten Reisende und Gepäck bei frisch gebrühtem Kaffee
auf den auch hier nötigen Papierkram.
Danach bringt uns der Uber-Fahrer auf schnellstem Weg
zum Flughafenhotel von Chicagos O‘Hare Airport,
das wir deshalb gewählt haben,
weil das Boarding für unseren morgigen Weiterflug
bereits in aller Frühe um 6:30 Uhr beginnen wird.
Dank hervorragender und extrem kostengünstiger Nahverkehrsanbindung
(gerade mal 5$ hin und zurück pro Nase)
machen wir uns nochmals auf den 50 Minuten langen Weg
mit der »L« in die Stadt und bewundern dort die Tulpen,
die just während unserer Abwesenheit ihre Blütenkelche geöffnet haben,
genießen einen kleinen Cocktail mit etwas fester Begleitung
und beobachten die Einheimischen bei intensiver Kontaktaufnahme
mit der städtischen Vogelwelt.
Wieder zurück im Hotelzimmer angekommen,
können wir den Abend, dank eines mitgebrachten
und vorrausschauend kalt gestellten Restchen Weißwein
und trotz stielloser Gläser, ganz gemütlich ausklingen lassen.
Alles hat ein Ende …
Für heute haben wir nur noch die 177 Meilen lange Fahrt
zum letzten Campingplatz auf dem Plan.
Selbstverständlich durchqueren wir dabei nochmals Chicago,
der Stadt unserer Ankunft in den USA,
bevor wir uns mit Lunch eindecken
und uns für die bevorstehenden Pack- und Aufräumaktivitäten
auf einem äußerst ruhig und glücklicherweise auch sonnig
gelegenen Platz stärken.
Neben dem notwendigen Pflichtteil bleibt dank unserer frühen Ankunft
auch noch genügend Zeit,
um in Ruhe etwas zu lesen und auszuspannen.
Da es die Wettergöttin sehr gut mit uns meint,
können wir sogar noch das Abendessen in der Sonne genießen
und sind ganz stolz darauf,
dass wir alle Vorräte aufgebraucht haben
und praktisch nichts vor unserer Weiterreise zu entsorgen haben.
Jetzt gibt's zunächst mal eine kleine Pause des Chronisten
und wir werden uns nach unserer Ankunft in San Francisco
an gleicher Stelle wieder melden …
Virginia: Spannende Reise und wieder wunderschöne Bilder. Lieben Dank, nun wird das Mobil gegen ein Cabrio getauscht, nehme ich an, aber erst in San Francisco. Die riesigen Waschmaschinen erinnern auf den ersten Blick an Wickelkommoden, die ihr bei der Besichtigung des alten Krankenhauses entdeckt haben könntet. Ich sehe wohl, dass es trotz Sonne kühl ist, aber ein tolles Licht … Der Blick auf eure Teller lässt das Wasser in meinem Mund zusammenlaufen (also oft, nicht immer). Nun seid ihr über drei Wochen unterwegs, freu mich auf neue Berichte und Bilder, liebe Grüße aus HN.
Lake Michigan
Der vorletzte Tag mit dem Wohnmobil
führt uns 209 Meilen weit aus Indiana bis nach Michigan
zurück zum Lake Michigan.
Im Norden Indianas fahren wir über 40 Meilen
durch Windenergieparks mit Windrädern beiderseits der Interstate,
soweit das Auge reicht.
Das illustriert anschaulich,
dass die »Energiewende« in USA
ein durchaus ernsthaft und groß vorangetriebenes Projekt ist.
Den ersten Kontakt zum See haben wir
im »Indiana Dunes National Park«
wo wir uns nach dem Mittagessen Zeit
für einen ausgedehnten Spaziergang am Sandstrand nehmen,
der trotz des Süßwassers wegen der Weite des Sees an Meer erinnert.
In der Ferne sehen wir an diesem klaren und sonnigen Tag
bereits die Skyline Chicagos, dem Ort, an dem unsere Reise begann.
Die ausgedehnten Marschgebiete,
die durch die Dünen vom See getrennt sind,
erfordern eine weitere ausgedehnte Erkundungswanderung
in der angenehmen Wärme des strahlenden Sonnenscheins
aufgrund der Abwesenheit des kalten seeseitigen Winds.
Danach geht es auf direktem Weg zum Campingplatz,
der ganz nahe am See in Coloma, Michigan, gelegen ist.
Angesichts der in dieser Gegend auch Ende April
noch recht frischen Temperaturen
(für die Nacht ist ein Grad unter Null angekündigt)
hat dieser Platz erst seit 15. April wieder geöffnet,
und wir genießen die Abendsonne durch unser Wohnzimmerfenster,
nachdem wir die Heizung angestellt haben.
Indianapolis
Die Heizung des Wohnmobils ist mittlerweile
zur willkommenen und geschätzten Reisebegleiterin geworden,
verhilft uns trotz nächtlichen Frosts
zu einer angenehmen Nachtruhe und sorgt für ein entspanntes
Aufwachen zum Kaffeetrinken im Fahrzeug.
Da die Entwöhnung der Reiseleiterin vom Klinikalltag
mittlerweile schon ziemlich lange anhält, planen wir einen Besuch
im »Waverly Hills Sanatorium« in Louisville,
das einstmals der Behandlung von Tuberkulose-Patienten vorbehalten war,
mittlerweile leerstehend aber als einer der verwunschenen Orte Kentuckys
der Nachwelt erhalten bleiben wird.
Bereits die Anfahrt gestaltet sich einigermaßen schwierig,
da das GPS-Navi uns wohl unbedingt von diesem Ort fernhalten will.
Endlich vor dem Eingang angekommen,
müssen wir leider feststellen,
dass an unserem Reisetag kein Besuch des Gebäudes möglich ist
und auch die für den nächsten Tag angebotene Übernachtung
zur eigenständigen Erfahrung paranormaler Phänomene auf dem Anwesen
bereits ausgebucht ist.
So bleibt nur die Weiterfahrt und die Vorfreude auf die weniger para-
als eher normalen Phänomene im heimatlichen Klinikalltag.
Den nächsten Stop gibt es in Indianapolis,
der Hauptstadt von Indiana
(»Land of the Indians«)
und Heimstadt bekannter Autorennen.
Dort genießen wir zunächst eine viel zu klein gewählte Auswahl
der Leckereien aus der kleinen Vorstadtbäckerei
»Long's Bakery«,
um uns dann an den White River bzw. einen kleinen städtischen Kanal
zu begeben und der Temperatur geschuldet schnellen Schrittes
die praktisch völlig menschenleere Innenstadt etwas zu erkunden.
Damit neigt sich auch dieser Tag bereits wieder seinem Ende zu,
und wir fahren die letzten unserer 216 Meilen zu einem sehr schönen
Campingplatz in Crawfordsville,
wo uns eine freundliche Frau mitsamt einer ihr zugelaufenen Katze,
an deren Zitzen es sich vier kleine Kätzchen gut gehen lassen,
aufs Herzlichste willkommen heißt.
Louisville
in Kentucky ist unser nächstes Zwischenziel.
Mittlerweile etwas erfahrener mit den ständig wechselnden Zeitzonen
auf unserer Route, planen wir heute lediglich 203 Meilen zurückzulegen,
da es nach Ortszeit bei unserer Ankunft
bereits eine Stunde später sein wird.
Da es weiter gen Norden geht,
werden die Temperaturen dort nachts
wieder knapp unter dem Gefrierpunkt liegen.
Und das, obwohl der Ort auf demselben Breitengrad
wie Palermo auf Sizilien liegt!
Das führt uns wieder mal vor Augen,
welchen klimatischen Wärmeluxus uns Europäern der Golfstrom bereitet,
dessen mögliche und sogar wahrscheinliche Richtungsumkehr
hoffentlich noch einige Jährchen auf sich warten lässt.
Ansonsten ist es mit Frühlingstemperaturen
von aktuell 24 Grad auf Sizilien bald vorbei.
Auf dem Weg lassen wir uns im strahlenden Schein
der bei direkter Bestrahlung bereits gut wärmenden Sonne
ein spätes Frühstück am Barren River Lake schmecken,
einem klaren und sauberen Flusssee
an dem sich auch einige Angler mit ihren Booten eingefunden haben,
damit der Mittagstisch zu Hause nicht allzu kärglich gedeckt bleibt.
Nach so viel Sonne folgen wir dem Lauf des Barren River
bis zu seiner Mündung in den Green River,
dem längsten Fluss Kentuckys,
und landen im »Mammoth Cave National Park«,
wo wir aber dem schönen Wetter geschuldet oberirdisch bleiben
und eine Wanderung über die zahlreichen Trails einem Abstieg
in die unter dem Park liegenden Höhlen vorziehen.
Der Weg führt uns durch dichten Wald bis hinunter zum Fluss,
dessen heutige Farbe seinem Namen alle Ehre macht,
mit danach anschließendem Aufstieg zum geduldig wartenden Wohnmobil.
Das letzte Teilstück auf dem Weg zum etwas südlich von Louisville
gelegenen Campingplatz führt uns über den
»Kentucky Bourbon Trail« entlang namhafter Destillen,
wie z.B. »Maker's Mark«,
»James B. Beam«
(in Deutschland unter »Jim Beam« bekannt)
und zahlreichen kleineren Whiskey-Herstellern
wie die »Green River Distilling Co.«.
Da sich unsere mangelnde Affinität zu Whiskey auch in Tennesse
nicht wirklich verändert hat,
verzichten wir auch in Kentucky auf entsprechendes Tasting.
Da ohnehin niemand mehr exakt weiß,
über welche Goldreserven die USA aktuell noch verfügen
(der Goldstandard für den Greenback wurde ja bereits 1971
vom damaligen Präsidenten aufgehoben,
ein Vorgang, der als »Nixon-Schock«
in die Geschichtsbücher der Finanzwelt einging),
ersparen wir uns auch einen Abstecher zum
»United States Bullion Depository«,
landläufig besser unter dem Namen »Fort Knox« bekannt,
und beeilen uns stattdessen lieber noch ein paar Strahlen der
der goldenen Abendsonne Kentuckys auf dem Campingplatz zu genießen.
Nashville
Der heute doch etwas frische Morgen erinnert uns daran,
dass unser mobiles Zuhause auch über eine Heizung verfügt,
deren Inbetriebnahme den morgendlichen Kaffee (im Bett)
und das traditionelle Frühstück mit Eiern und Speck
deutlich angenehmer macht.
Ordentlich gestärkt bringt uns der Shuttlebus in die Stadt
und setzt uns direkt vor der »Country Music Hall of Fame« ab,
wo wir als Senioren auch noch vergünstigten Museumseintrett erhalten
(und das ohne den Ausweis vorlegen zu müssen).
Die Exponate sind ziemlich beeindruckend und die Ausstellung
liefert einen sehr guten Überblick über die Entstehung der
amerikanischen Country Music,
ihre Verschmelzungen mit afroamerikanischen Einflüssen,
die Entwicklung des Rock'n'Roll
und das erneute Aufgreifen
der grundlegenden Elemente dieser Musik in der Punkmusik
(nicht nur) an der Westküste der USA.
Nach dem Museum verlassen wir die Innenstadt über
die »Shelby Street Bridge«,
eine Fußgängerbrücke, die den Cumberland River überspannt,
und begeben uns auf einen ausgedehnten Spaziergang
nach »East Nashville«
durch Vorort-Wohnviertel und über die Interstate hinweg,
bis wir schließlich im »Boston Commons« einkehren
und uns mit Clam Chowder und Fish-and-Chips versorgen.
Den Weißwein zum Essen erhalten wir dort
aber erst nach penibler Kontrolle unserer Ausweise.
Das gibt uns genügend Kraft für den Rückweg in die Stadt
und wir werfen uns ins Country-Music-Getümmel,
das heißt,
wir begeben uns auf eine Dachterrasse hoch über den Straßen,
wo die Musik der lokalen Live-Band uns tatsächlich hilft,
den verwirrenden Lärm in den Straßenschluchten auszublenden … oder
lag das eher an der dämpfenden Wirkung des dazu genossenen Gin Tonic?
Damit wird es für uns auch wieder Zeit,
uns zurück auf den Campingplatz zu begeben,
auch wenn der Rest der Stadt damit beginnt,
sich auf eine laute und ausdauernde Nacht vorzubereiten.
Der stündlich verkehrende Shuttlebus
trifft pünktlich am Abfahrtsort ein
und das Problem,
dass sich ein Passagier mehr eingefunden hat,
als Sitzplätze verfügbar sind,
ist mit der pragmatischen Aufforderung der Busfahrerin,
Menschen die sich kennen,
möchten sich doch auf den Schoß des Nachbarn setzen,
unverzüglich gelöst.
Noch gut gesättigt vom Essen in Nashville
beschränken wir uns
nach unserer Ankunft beim Wohnmobil
auf ein Gläschen Merlot für den Chronisten
und die beschauliche Ruhe des Campgrounds
nebst beeindruckendem Abendhimmel.
»200 more miles …
… of rain asphalt in line« texteten die kanadischen
Cowboy Junkies auf
einer Konzerttournee in die Südstaaten der USA.
Wir bewegen uns zwar in entgegengesetzter Richtung,
dennoch passt das melancholische Lied zum sich unaufhaltsam nähernden Ende
unserer Reise durch den Südosten des Landes.
Den Regen hatten wir glücklicherweise bereits in der Nacht
und können unsere 200 Meilen nach Nashville, Tennesse auf
weitestgehend trockenen Straßen absolvieren.
Warme Decken und wilkommenheißende Arme führen wir ebenfalls mit,
also sollte bei uns eigentlich nichts schiefgehen.
Unsere Fahrt führt uns über die grünen Ausläufer der Appalachen
und vorbei an zahlreichen Whiskey-Destillen mit teils bekannten
aber auch in Deutschland eher unbekannten Namen:
Jack Daniel's, George Dickel, Nelson's Green Brier, …
Da wir keine echten Whiskey-Kenner an Bord haben,
verzichten wir aber auf entsprechendes Tasting.
Im Einzugsbereich größerer Städte angekommen, finden wir auch einen
Buchladen der eigentlich US-weit vertretenen und Amazon
trotzenden Kette »Barnes & Noble« und
der Chronist kann sich mit etwas Reiselektüre eindecken:
zwei schöne Bücher von Patti Smith und natürlich ein Kochbuch.
Für das Mittagessen und die anschließende Mittagsruhe
lassen wir uns am Ufer eines kleinen Sees
im »Hunter State Park« nieder
und genießen Sandwich mit Chips
von »echten Kartoffeln und echten Bauern« sowie
das vor den Augen des Parkwächters sorgfältig versteckte Bier.
Da wir noch früh dran sind,
entschließen wir uns mit dem Wohnmobil in die Stadt Nashville zu fahren,
um der »Country Music Hall of Fame« einen Besuch abzustatten.
Achtzig Dollar Parkgebühren für zwei Stunden
(unser Wohnmobil belegt vier Parkplätze)
sind uns aber dann doch zu viel Geld
und wir fahren weiter zum Campingplatz,
der direkt im Music Valley gelegen ist
und uns für den nächsten Tag einen Shuttle-Service in die Stadt
für gerade mal zehn Dollar pro Person (hin und zurück) anbietet.
Caroline: Euer Blog ist so klasse …
Regine: Hallo ihr beiden, hinke etwas hinterher mit dem Einsehen des Reiseberichts. Martin, du hast sichtlich Spass daran. Grüße aus Heilbronn mit endlich ein paar warmen Tagen.
Chattanooga
war in den 1960er Jahren eine Industriestadt
und als »dreckigste Stadt in den USA« verrufen.
Mittlerweile hat sich das deutlich geändert
und die Stadt sieht so aus,
als wäre die gesamte schwäbische Welteroberungs-Armada
mitsamt ihrer Kehrwoche
von Berlin weiter in den Südosten der USA gezogen.
Dank eines Zeitzonenberechnungsfehlers des Chronisten
entschließen wir uns fürs Ausschlafen,
wachen dennoch zur Sonnenaufgangszeit auf,
genießen aber wegen der vielen verbleibenden Zeit den Kaffee im Bett.
In der Stadt stellen wir fest,
dass es schon eine Stunde später als ursprünglich gedacht ist,
weil die Grenze zwischen Georgia und Tennessee
praktisch direkt durch die Stadt führt,
was aber der Entspanntheit des Tages keinen Abbruch tut.
Industriestadt ohne Eisenbahn geht natürlich gar nicht
und unser erster Weg führt uns daher
zu einer 1895 in Betrieb genommenen schienengebundenen Seilbahn
auf den »Lookout Mountain«,
fünfhundert Meter über der Stadt gelegen.
Klar, dass für die erfahrene Wanderin der Aufstieg
in das auf dem Bergrücken gelegene Wohngebiet
auch per pedes ein Klacks gewesen wäre.
Dank ihres Mitgefühls mit dem fu8lahmen Chronisten,
ist dann aber die Fahrt mit der Bahn doch in Ordnung.
Der Tag ist zwar ziemlich diesig,
dennoch ist der von dort aus mögliche Ausblick
auf gleich sieben Bundesstaaten der USA
(Tennessee, Kentucky, Virginia, South Carolina, North Carolina, Georgia und Alabama)
beachtlich.
Die zweite Berührung mit der Eisenbahn
haben wir am »Chattanooga Choo Choo«,
dem alten Bahnhofsgebäude der Stadt.
Das Mittagessen gibt es am »Bahnsteig 11«
und für die »Youth Talent Show« im »Songbirds«
(im selben Gebäude) ist der Chronist leider deutlich zu alt.
Ein Spaziergang durch das historische Bahnhofsviertel
verschafft uns noch den herausragenden Genuss
eines Kokos-Mandel-Vanille-Schokochip-Eises im »Clumpies«.
Damit ist unser Hunger nach Eisenbahn, alter Industrie und fester Nahrung
erstmal gestillt und wir begeben uns auf die Suche nach einem schönen
Plätzchen an den Ufern des Tennessee River.
Der erste Versuch führt uns an die Eingangspforte
der psychiatrischen Klinik der Stadt,
wir schaffen es aber noch vor der Einfahrt
das großformatige Wohnmobil zu wenden … mensch weiß ja nie …
Der zweite Versuch ist dann aber ein voller Erfolg
und führt uns in ein wunderschönes sumpfiges Biotop
direkt an den Flussufern
mit einer üppigen Pflanzen- und Tierwelt:
Reiher, andere Vögel und Schildkröten.
Ein Idyll, direkt auf der anderen Flußseite der Stadt!
Mit dieser Vielfalt an Eindrücken verabschieden
wir uns von Chattanooga und kehren zu unserem Campingplatz zurück.
Dort soll es dann heute noch den bereits gekauften Catfish
mit etwas Salat und Brot geben, damit die Hose des Chronisten
wenigstens noch einigermaßen passt.
Dreistaateneck
Heute liegt wieder ein etwas längerer Fahrtag vor uns:
Von Montgomery bis ins Dreistaateneck,
dort wo die drei US-Bundesstaaten Alabama, Georgia und Tennessee
einen gemeinsamen Berührungspunkt haben,
sind es am Ende 247 Meilen über die landschaftlichen schönen
Highways und State Roads, die wir uns rausgesucht haben.
Den Einkauf für die nächsten Tage erledigen wir unterwegs
und der Chronist muss natürlich auch überprüfen,
wie das lokale Angebot von »Aldi« in USA ist.
Ehrlich gesagt: Einigermaßen enttäuschend,
wir haben aber dort etwas US-amerikanischen Wein ausgesucht,
der sich vielversprechend angehört hat … mal sehen,
wie er schmeckt.
Die frischen Dinge (Gemüse, Salat, Obst, Catfish)
kaufen wir dann doch liebern im eher lokalen Lebensmittelsupermarkt.
Auf der Suche nach einem schönen Platz für unser Mittagessen
fahren wir zuerst über Schotterstraßen durch ein Farmgebiet,
vorbei an zahlreichen noch friedlich grasenden Rindern mit ihren Kälbern.
Direkt am malerischen Coosa River, der sich entlang unser Strecke
nach Norden schlängelt werden wir fündig und genießen unseren Lunch
und eine kleine Mittagspause bei strahlend schönem Wetter.
Weiter geht es dann durch das Gebeit der Cherokee Ani-Yun-Wiya-Nation
zum beindruckend gewaltigen Tennessee River,
der früher einmal Cherokee River hieß.
Ein Stück lang bildet dieser Fluss die Grenze zwischen
Mississippi und Tennessee, fließt dann durch Alabama
und verfehlt Georgia nur um wenige Meter.
Da der von uns ursprünglich ausgewählte Campingplatzes
am Morgen keine Reservierung für die Nacht annimmt
(»first come first server«)
und auch schon ziemlich belegt war,
haben wir uns für die nächsten zwei Nächte dann doch
für einen Campingplatz in Georgia entschieden,
ein Staat der eigentlich gar nicht auf unserer Besuchsliste stand.
Damit wird es dann beim Überschreiten der Staatsgrenze
auch gleich schlagartig eine Stunde später,
da wir nun in der »Eastern Time Zone« sind,
so dass der Abend auf dem ruhigen und angenehmen Campingplatz
etwas verkürzt wird.
Es bleibt uns aber noch genügend Zeit zum Wäschewaschen,
gemütlichen Abendessen, Weintrinken und Blogschreiben.
Sweet Home Alabama
Auf solche Ideen kommen nur Rentner und Urlaubende:
Morgens um sechs Uhr klingelt der Wecker,
damit wir den Sonnenaufgang über der Bucht nicht verpassen.
Schnell noch einen Kaffee aufgebrüht und ab geht's zum Wasser.
Die einzigen Lebewesen,
die uns um diese Uhrzeit dort erwarten,
sind zahlreiche Pelikane, die sich,
bevor die gleißende Sonne das Meerwasser zum Funkeln bringt,
noch ein ausgiebiges Fischfrühstück schmecken lassen.
Da wir zum ersten Mal an der Gulf Coast sind
und heute unser letzter Tag an diesem Meer ist,
gönnen wir uns auf unserer 200 Meilen Etappe nach Montgomery,
der Hauptstadt von Alabama,
noch einen schönen Umweg entlang der Küste
und erreichen damit auf einer Insel vor der Küste auch noch Florida.
Danach geht es dann aber endgültig weg vom Meerwasser
und statt Seafood sehen wir im landwirtschaftlich geprägten Nordwesten Floridas
die Straßenverkäufer, die Vorbeikommende und Einheimische
mit BBQ aus dem Smoker versorgen.
Für uns ist das noch etwas zu früh
und wir besuchen lieber einen Fischladen auf der anderen Straßenseite,
haben aber noch so viel im Kühlschrank, dass wir auf einen Einkauf verzichten.
Für uns geht es weiter nach Norden und wieder nach Alabama,
wo wir die Erdbeerhauptstadt Alabamas durchfahren,
dort aber keinen einzigen Erdbeerstand entdecken können.
Damit wird es jetzt aber Zeit für ein Mittagessen
in einem sehr gut von Einheimischen und Arbeitern besuchten BBQ-Joint
in dem kleinen Städtchen Brewton.
Wir entscheiden uns für zweierlei Schwein:
Pulled Pork, das aus einem vor dem Eingang stehenden Smoker
in insgesamt zwölf Stunden Garzeit zubereiteten halben Schwein gewonnen wird,
und ein über Nacht in Buttermilch mariniertes
und später leicht paniertes Schweinesteak:
Sehr lecker!
Natürlich bleibt auch dieses Mal so viel übrig,
dass wir froh darüber sind,
den Rest für den heutigen Abend oder auch später im Wohnmobil mitnehmen zu können.
In Montgomery besuchen wir die extrem beeindruckende und informative Ausstellung
im »The Legacy Museum«, die einen sehr breiten und schonungslosen
Bogen von den Anfängen der Sklaverei (dem Export von Sklaven aus den europäischen
Kolonien und deren Import in der »Neuen Welt« und auch in den USA)
bis zum heute fortbestehenden strukturellen und individuellen Rassismus spannt.
Chronologisch endet die Ausstellung
mit der Ermordung George Floyds am 25. Mai 2020
und den darauf folgenden Protesten und Revolten,
setzt aber auf einen darüber hinausgehenden
»gesellschaftlichen Fortschritt«,
der es Menschen erlaubt,
sich irgendwann einmal von den fortdauernden Folgen der Sklaverei zu befreien.
Dieser Optimismus lässt sich etwas teilen,
wenn mensch selbst erlebt mit welcher Aufmerksamkeit
die Exponate und Themen von den Besucher:innen des Museums betrachtet werden
und mit welcher Akribie Notizen angefertigt werden
(im Museum gibt es ein striktes Fotografierverbot).
Das reicht uns dann auch für den Nachmittag in Montgomery
und es gibt noch viele Texttranskripte, gedankliche Notizen
und Eindrücke aus diesem Besuch zu verarbeiten,
so dass wir uns zum Abend auf den nahegelegenen Campingplatz begeben.
Mississippi Gulf Coast
Bei unserer Abfahrt in New Orleans entfliehen wir zunächst
dem dichten Stadt-, Vorstadt- und Hafenverkehr
auf der vielspurigen Interstate I-10.
Danach geht's dann aber gleich auf den Highway 90
und wir erreichen die »Mississippi Gulf Coast
– A certified retirement area«,
passend zum neuen Lebensabschnitt des Chronisten.
Dort erwarten uns unendlich weite
und (zumindest unter der Woche) fast menschenleere,
strahlend weiße Sandstrände,
die unter ebenso strahlend blauem Himmel
zum auch lebensabendlangen Verweilen einladen.
Vom West Beach zum East Beach einer Ortschaft,
daran nahtlos anschließend der West Beach des nächsten Ortes …
und so weiter und so fort.
Der Strand am Golf von Mexiko erstreckt sich über mehr als 30 Meilen
und als eine leichte Bewölkung aufgezogen ist,
entschließen wir uns für ein Mittagessen direkt am Strand.
Dank unseres Wohnmobils haben wir ja die komplette Küche,
den gefüllten Kühlschrank und die nötigen Sitzmöbel immer dabei.
Das einfache Essen schmeckt in dieser Umgebung so gut,
dass rein gar nichts für die in gebührendem Abstand wartenden Möwen übrigbleibt.
Doch auch der längste und schönste Strand hat einmal ein Ende,
und wir begeben uns auf die letzte Etappe
unserer heutigen 214 Meilen langen Fahrt nach Alabama,
das uns an der Bundesstaatsgrenze natürlich mit
»Sweet Home Alabama« begrüßt.
Wir verkneifen uns aber das gleichnamige
und in Deutschland populäre Lied von Lynyrd Skynyrd zu hören,
handelt es sich beim Liedtext dieser aggressiven Replik auf Neil Youngs
»Southern Man« um
eine kaum verhüllte Rechtfertigung rassistischer Einstellung und Politik
in manchen Südstaaten, wie eben auch in Alabama.
So lassen wir auch das »Welcome Center« rechts liegen
und begeben uns auf direktem Weg zu unserem direkt an einer Bucht
gelegenen Campingplatz zu einem kleinen Spaziergang und unserem
Abendessen, weiter verfeinert aufbauend
auf den Überbleibseln des leckeren Catfish
mit Jambalaya aus dem Restaurant in New Orleans am Vortag.
Die Köchin hat sich dabei dann doch der
(wenn's ums Überleben geht)
wenig ausgeprägten Experimentierfreude
des Chronisten gebeugt und auf die Verwendung
eines mühsam aus dem Boden befreiten Pilzes
Born on the Bayou
Frisch gebrühter Kaffee, Eier mit Speck,
morgendliches Wäschewaschen und -trocknen
begleitet vom mittlerweile gewohnten Tröten der Güterzüge
läuten unseren letzten Tag in New Orleans ein.
Zunächst geht es wie gewohnt mit dem Bus in die Stadt
und wir begeben uns auf eine Bootstour durch die Bayous
und Sümpfe westlich der Stadt.
Born on the Bayou sangen
die Creedence Clearwater Revival
und das trifft auch auf unseren Skipper zu,
der sein ganzes junges Leben in diesen Sümpfen verbracht hat
und auf den zahlreichen kleinen und verwunschenen Inseln
nicht nur seine ersten Joints geraucht,
sondern auch seine heutige Ehefrau kennengelernt hat.
Darüber, ob ihm auf seinen Streifzügen auch die Voodoo-Queen
Marie Laveau begegnet ist,
schweigt sich der Tourguide aus.
Trotz eines denkmalgeschützten Grabsteins auf dem Friedhof der Stadt,
hält sich hartnäckig die Erzählung, dass Marie Catherine Laveau,
eine Voodo-praktizierende Hebamme, auch nach ihrem Tod 1881
in den Sümpfen des Mississippi ihren Zaubereien nachgehen soll.
Tagsüber wäre sie ohnehin nicht zu sehen,
so dass für uns nur bleibende Eindrücke der Flora und Fauna der Swamps bleiben.
Ob nun die sich bereits vereinzelt am Tag zeigenden
und Marshmallow-süchtigen Alligatoren (die auch Wiener Würstchen nicht verschmähen),
die bärtigen Bäume, die ruhigen Gewässer mit aus dem Sumpf wachsenden Zypressen,
oder vereinzelte Schildkröten beindruckender waren,
lässt sich für uns einfach nicht entscheiden.
Nach der ausgiebigen Tour wieder im French Quarter angekommen,
bleibt uns noch Energie und Zeit für ein kreolisches Abendessen,
von dem wir eine gehörige Portion für die Weiterreise einpacken lassen
und mit Streetcar und Bus
nach Sonnenuntergang zum Wohnmobil gebracht haben.
New Orleans
Nachdem die Prophezeiung der Wetter-App,
dass der heftige nächtliche Gewitterregen
pünktlich zum Sonnenaufgang um 6:32 Uhr
ein Ende finden sollte,
auf die Minute genau wahr geworden ist,
steht unserem Ausflug in die Stadt,
zum diesjährigen »French Quarter Festival«,
nichts mehr im Wege (außer einem gemütlichen Kaffee im Wohnmobil).
Um die etwa 15 Meilen ins French Quarter zurückzulegen
entscheiden wir uns für die Busse des extrem günstigen
örtlichen Nahverkehrs und haben sogar den Luxus,
dass sich eine Bushaltestelle gleich gegenüber
der Einfahrt zum Campingplatz befindet.
Dass wir damit auch noch besonders sicher unterwegs sind,
erfahren wir später in einem Museum der Stadt,
wo wir lernen,
dass auf dem Highway der Tod lauert und der ÖPNV Sicherheit bietet.
Dass diese Sicherheit,
auch angesichts der insgesamt 121 Bedarfshaltestellen auf unserem Weg,
am Sonntag nicht auch Pünktlichkeit bedeutet,
wissen die an unserer Starthaltestelle geduldig wartenden Fahrgäste
und klären uns darüber auf,
dass die Außenbezirksbusse an Sonntagen
»fahren wie sie wollen, aber bestimmt nicht nach Fahrplan«.
Frühzeitig in der Stadt angekommen,
treffen wir auf vereinzelte Straßenmusiker
und zahlreiche helfende Hände,
die sich um den Aufbau der ebenso zahlreichen Bühnen
nach einer nassen (und vermutlich auch feuchten) Nacht kümmern.
Wir begnügen uns zunächst mit einer heißen Schokolade
(die ihren Namen verdient) und einem Kaffee
in einer kleinen Schokoladenmanufaktur,
bevor wir, mittlerweile auch etwas hungrig geworden,
zu »Johnny's Po-boys« schlendern,
dem Ort, an dem sich auch Sterneköche gerne verköstigen,
und an dem wir zum ersten Mal ein getoastetes Alligator-Sandwich genießen.
So gestärkt können wir uns bevor die Musiker:innen zum Leben erwachen
noch auf einen ausgedehnten Spaziergang durch den Warehouse-District
zum »Southern Food and Beverage Museum« begeben,
wo wir uns den theoretischen und historischen Hintergrund
zu gehabten und kommenden Genüssen aneignen
und auch einige Anregungen für kommende Essen in der Mö27 mitnehmen.
Nach so viel Theorie darf die Praxis nicht fehlen,
und wir landen erneut auf der Bourbon Street,
genauer im und vor dem »Spirits on Bourbon«,
wo wir bei sehr guter Bühnenmusik direkt vor dem Lokal
einen Gin Tonic und ein lokales Voodoo-Bier vom Fass genießen.
Wie so vieles in New Orleans,
hat auch dieses Lokal seine ganz eigene Geschichte zu erzählen:
Bevor es zur Kneipe wurde,
war es ein Barbier-Laden,
der früher mal Edward DeBoire gehörte,
den aber, trotz oder wegen seiner Leidenschaft für Alkohol
und seiner Hingabe für schöne kreolische Frauen,
der Tod bereits im Alter von 33 Jahren dahinraffte.
Zur Besänftigung des seitdem immer wieder spukenden Geistes von Edward,
haben die neuen Besitzer den alten Barbierstuhl immer noch im Lokal stehen.
Beständig unter dem Klang wirklich hörenswerter Live-Musik
schlendern wir weiter durch's French Quarter und finden unseren Weg
auch in ein weiteres kostenfreies und sehenswertes Museum:
»The Historic New Orleans Collection«
mit einem zur Musik auf der Straße tanzenden Security-Officer am Eingang.
Eigentlich sollte das Festival die Straßen ab 13:00 wieder freigeben,
aber das sehen Musiker, Behörden und Autofahrer nicht ganz so eng,
so dass wir auch nach 15:00 auf dem Bordstein sitzend der Musik
lauschen können und dabei den »weltbesten Mojito« trinken,
für den es eine Geld-zurück-Garantie gibt,
und der, wie sollte es auch anders sein,
auf der Bourbon-Street natürlich mit Bourbon statt mit Rum zubereitet wird
(von anderen kleinen Zaubereien des Bartenders,
wie das Zerklatschen der Minzeblätter zwischen den Händen,
ganz zu schweigen).
Nach der Flüssigkeit wird's nun auch Zeit für ein frühes und kleines Abendessen:
Wir landen bei »Nola Poboys« und entscheiden uns für einen
klitzekleinen Seafood-Gumbo und einen Catfisch-Poboy.
Dabei erfahren wir auch,
dass es in USA Menschen gibt,
die die deutsche (Un-)Sitte die Straße vor dem Haus zu säubern
als eine durchaus positive Eigenschaft sehen …
Wie jeder schöne und erlebnisreiche Tag,
muss auch dieser Sonntag ein Ende nehmen,
und wir begeben uns wieder in die Obhut der öffentlichen Verkehrsmittel
und ihrer manchmal auch ziemlich vom Verkehr gestressten Fahrerinnen
auf eine vollständig nach Fahrplan verlaufende Rückfahrt zum Campingplatz.
Petra: Good Morning, ich freu mich sehr für dich, dass eure Reise wie geplant stattfinden kann. Mojito in der Hand, Live Musik im Ohr, was will man mehr … Habt noch viel Spaß und tolle Erlebnisse und schick mal ein paar Grad über'n Großen Teich. Liebe Grüße aus dem acht Grad kalten, trüben, regnerischen Germany.
Virginia: Sehr schöe Eindrücke, auf allen Bildern entspannte Menschen und Schlangen. Die Geräuschkulisse wäre interessant. Am meisten fällt die Gelassenheit auf, trotz vieler Menschen. Das überträgt sich auch auf euch, das sehe ich deutlich. Schöne Reise! Auch wenn du jetzt noch schläfst, liebe Hebamme Jeannette, hast du vor 25 Jahren und zehn Minuten Louisa erstmals in den Armen gehalten … Was für ein Tag!!!
Busted flat …
… in Baton Rouge sang
Janis Joplin und
wir beschließen, statt den direkten Weg über Jackson,
der Hauptstadt von Mississippi,
den »Scenic Byway« über Baton Rouge
(entlang des Flusses)
auf unserem Weg nach New Orleans zu nehmen.
Damit ist dann auch sichergestellt,
dass wir anders als von
Johnny Cash in
seinem Konzert im Knast von St. Quentin über Jackson gesungen,
keineswegs irgendwelchen Mist bauen oder gar unsere Gesundheit ruinieren würden.
Soweit der Plan … der allerdings bereits in Natchez
von einem sintflutartigen Gewitterregen dahingeschwemmt wird.
Glücklicherweise sitzen wir auf der windigen Fahrt nach Süden
gut geschützt und wohlbehütet in unserer kuscheligen und mobilen
28-Quadratmeter-Einraumwohnung
und fahren durch Blitze und strömenden Regen mit 60mph weiter.
So fahren wir also direkt nach Baton Rouge
und machen dort noch einen kurzen Stopp
am »Rural Life Museum«
der »Louisiana State University«,
das, als Freilichtmuseum konzipiert, an diesem Tag
aber auch nicht sonderlich einladend war,
uns aber wenigstens die Möglichkeit
für ein paar wenige Kilometer Beine vertreten gab.
Danach ging's dann gleich weiter zum Campingplatz in New Orleans,
den wir in weiser Voraussicht (wegen des Festivals) rechtzeitig
genug im Voraus reserviert hatten. So bleibt uns nach
232 Meilen rain asphalt und
dem Abendessen noch genügend Zeit,
um uns auf den nächsten Tag in der Stadt vorzubereiten.
Blues Highway
Früh aufgestanden machen wir einen kleinen Stopp in Memphis,
direkt am Mississippi.
Während des Alten Reiches war Memphis die Hauptstadt von Ägypten,
weshalb natürlich auch eine Shopping Mall
in Form einer Pyramide im neuen Memphis, Tennessee, nicht fehlen darf.
Morgens um acht Uhr ist die Stadt noch wie ausgestorben
und wir ignorieren die Mall,
um uns von Downtown über eine Fußgängerbrücke
direkt zur »Schlamminsel« (»Mud Island«)
und zum Fluss zu begeben.
Danach geht es zielstrebig auf den »Blues Highway«,
die Highway 61, eine Straße,
die auch Bob Dylan besungen hat.
Abgesehen von ihrer schier endlosen Größe,
erinnern die Reisfelder im Mississippi Delta ein klein wenig an das Alto Piemonte.
Kein Wunder, dass aus diesen Gebieten am Mississippi
ein Großteil des in USA produzierten und auch exportierten
(die USA sind der fünftgrößte Reisexporteur weltweit)
Reises stammt.
Am rechten Ort zur falschen Zeit waren wir eindeutig in Clarksdale,
einem beschaulichen Städtchen,
das vollständig vom Blues beseelt und belebt ist.
So erfahren wir leider erst an diesem Freitagmorgen,
dass die ganze Stadt am Wochenende ein Blues-Festival zelebriert,
haben uns aber noch zu Hause bereits
für ein anderes (Straßen-)Festival in New Orleans entschieden.
Damit wir unsere Entscheidung nochmals überdenken
öffnet der Betreiber des »New Roxy«
eigens für uns die (noch) verschlossenen Türen,
erzählt uns die Geschichte des früheren Kinos,
von eingestürzten Decken und Wänden
(ein paar Reparaturen gibt's noch immer,
deshalb war er auch auf dem Sprung zum Hardware-Store),
zeigt die für den Abend aufgebaute Bühne und
will uns mit dem Angebot eines Platzes in der VIP-Lounge
(drei Klapp- und zwei Liegestühle in der einstigen Kino-Loge)
von (mindestens) einem Abend in der Stadt überzeugen.
Außerdem zeigt sich während unserer Anwesenheit an der legendären Kreuzung,
an der Robert Johnson seine Seele
an den Teufel verkauft haben soll, kein Teufel,
so dass der Chronist auch nicht
auf eine späte Karriere als berühmter Bluesmusiker hoffen kann.
Auch die offene Bühne für Amateurmusiker aus aller Welt
wird es erst am Sonntag geben.
Zum Glück gibt es eine Trost
in Gestalt süßer Cup Cakes und anderer Kuchenstücke,
hausgemacht im »Blue Cotton Bake Shop«
der die Nachbarschaft mit leckerem Dessert zum Abendessen
und die Büroangestellte mit einer anständigen Dosis Zucker
gegen das Nachmittagstief um 14:00 Uhr versorgt.
Nach dem süßen Spätstück gönnen wir uns Sandwich, Salat und Chips
in den Sümpfen des »Porter Bayou River«.
Natürlich darf heute auch kein »Bud Light« fehlen,
haben doch die Nachrichten erst gestern gemeldet,
dass die evangelikale Rechte in USA zum Boykott dieses Biers aufgerufen hat,
weil die Brauerei Anheuser-Busch eine Transgender-Influencerin
für die Werbung unter Vertrag genommen hat.
Hätten wir das vorher erfahren, hätten wir vielleicht doch
eine Soli-Brauereibesichtigung in St. Louis unternommen …
so bleibt halt nur der Kauf des Biers.
Der Campingplatz in Vicksburg,
den wir nach 289 Meilen Fahrt erreichen,
ist ein traditioneller Platz mit vielen Arbeitern
und entsprechender Freundlichkeit
(z.B. unaufgefordert helfende Hände beim Umstellen eines Tisches).
Sabine: Liebe Jeannette, ich freue mich riesig, dass ihr in den USA seid und die Zeit genießen könnt (den Bildern nach zu urteilen) … Uns ist auch allen ein Stein vom Herzen gefallen … Spickel immer mal in euern Blog und mache ein bisschen Urlaub … Liebe Grüße und gute Fahrt in dem tollen Wohnmobil!
Rock 'n' Roll Highway
Heute ist mal wieder ein Fahrtag angesagt,
um uns noch etwas weiter nach Süden zu bringen.
Am Ende des Tages haben wir 341 Meilen hinter uns gebracht
und dennoch nicht unsere Entscheidung bereut,
auf unserem Weg nach Memphis, Tennessee,
nicht den schnellsten und direkten Weg über die I-55 zu nehmen,
sondern stattdessen den Highway 67,
den »Rock 'n' Roll Highway« durch Arkansas zu wählen.
Unseren zweiten Kaffee mit süßer Begleitung
genießen wir auf dem Gelände einer ehemaligen Bleimine,
die 1972 nach beinahe vollständiger Erschöpfung geschlossen wurde.
Heute erinnert nichts mehr, außer dem immer noch spärlichen Pflanzenwuchs,
an die Giftigkeit dieses Bergbaus und seiner Hinterlassenschaften.
Als Anfang des vergangenen Jahrhunderts den US-Behörden
die gesundheitlichen Gefahren und Folgekosten des Bergbaus im
»Bleigürtel« der USA,
wo noch heute 70% des gesamten US-Bleibedarfs gefördert werden,
in seinem gesamten Ausmaß klar wurde,
versuchten die Minenbetreiber
mit einem radikalen Umbau der Arbeiterzusammensetzung
hin zu Immigranten möglichen Arbeiterkämpfen vorzubeugen,
ohne zunächst die Sicherheits- und Arbeitsschutzvorkehrungen zu verbessern.
Das erreichte aber zunächst das Gegenteil,
denn 1917 gab es auch in Missouri heftige rassistische Angriffe
seitens der alteingesessenen und relativ gut bezahlten
Bergarbeiterschaft gegen diese neue Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt.
Für den kleinen Mittagsimbiss machen wir einen weiteren Zwischenstopp
am Lake Wappapello, genießen den Ausblick auf den See und lassen uns
von der mittlerweile an US-Erfordernisse angepassten Köchin traditionelles
Sandwich, europäischen Salat, Chips und Bier schmecken.
Da wir in gebührendem Abstand geparkt haben,
fühlt sich auch die am Rande des Parkplatzes liegende Sonnenanbeterin
nicht von uns belästigt und lässt die Sonne an ihrer Körperbräune arbeiten.
Auf Höhe des Campingplatzes kurz vor Memphis angekommen,
ist es für uns nun doch zu spät noch einen Blick in die Stadt zu werfen
oder uns auf Spurensuche nach der von
Chuck Berry 1959 besungenen
Sandkastenfreundin Marie zu begeben.
Stattdessen kümmert sich der schreibende Chronist um Blog und Wein
und die fotografische Chronistin um das Abendessen (Pasta und Spargel),
um schließlich den Abend, wie unsere Nachbarn im schnell aufgebauten Zelt,
ganz gemütlich ausklingen zu lassen.
Caroline: Wie wunderbar … danke, dass ihr uns an eurer tollen Reise so teilhaben lasst. LG aus (aktuell) Dresden. Wir haben Leipzig hinter uns gelassen und ich kann sagen: »Wir waren nicht zum letzten Mal dort.«
Gateway Arch
Die Entspanntheit und Gelassenheit eines Wohnmobilurlaubs in USA
bestimmt auch unseren zweiten Tag in St. Louis.
Trotz bestimmt zahlreicher Sehenswürdigkeiten der Stadt,
wollen wir uns ganz bewusst beschränken
und buchen einen Besuch im »Gateway Arch«
sowie eine einstündige Bootsfahrt auf dem Mississippi,
der das Leben der Stadt seit ihrer Gründung durch
französische Siedler, die ihren Weg von New Orleans
nach Norden nahmen und sich dabei mit purer Muskelkraft
gegen die Strömung des Flusses vorgearbeitet haben,
begleitet hat.
Ok, eine klitzekleine Kleinigkeit schafft es auch noch auf die Liste:
Nachdem sich der Frischwasseranschluss des RV bei der Abfahrt in die Stadt
nur mit Hilfe einer vom Campground-Owner zur Verfügung gestellten Rohrzange
lösen ließ, haben wir auch noch den Kauf einer ebensolchen für die Rückfahrt
aus der Stadt eingeplant, um zukünftig etwas unabhängiger von der gewohnt
freundlichen Unterstützung der Mitcamper
(hier: ein Rentnerpaar und zwei Bauarbeiter)
und Campground-Owner abhängig zu sein.
Glücklicherweise lassen sich solche Probleme hierzulande über
eine Erleichterung des Portemonnaies um ein paar Dollar
und überschaubare Gewichtszunahme des Reisegepäcks
sehr einfach lösen.
Der erste Ausflug in St. Louis führt uns auf den Mississippi,
entlang vielfrequentierter Binnenhäfen (Schrott, Kohle, Baustoffe)
und historischer Gebäude, wie das zur Weltausstellung 1904
(die erste mit vollständig elektrischer Beleuchtung)
in Betrieb genommene Kraftwerk, das heute zwar keinen Strom
mehr liefert aber immer noch der Fernwärmeversorgung dient.
Außerdem unterqueren wir zahlreiche Brücken über den Fluss,
die alle innerhalb der letzten Jahrhunderte nach und nach
für einen ungebremsten Eisenbahn- und Automobilverkehr von Ost nach West
(und umgekehrt) gebaut wurden.
Das architektonische Highlight ist natürlich »The Arch«,
ein monumentales und 192 Meter hohes Denkmal,
das die Bedeutung der Stadt als »Gateway«
für die Ausdehnung der USA nach Westen zelebrieren soll
und das nach jahrzehntelangen Planungen 1965 fertiggestellt wurde.
Der riesige Bogen folgt den Konstruktionsprinzipien
altertümlicher Bogenkonstruktionen und erhält seine
anhaltende Stabilität einzig
über den 100 Tonnen schweren Schlussstein,
der die beiden getrennt voneinander errichteten Bogenhälften verbindet.
Die Konstruktion selbst folgt den strengen mathematischen Regeln
einer hyperbolischen Cosinusfunktion
und wurde vom Architekten Saarinen zunächst mal an Stühlen erprobt.
1964, zu Hochzeiten der Bürgerrechtsbewegung in den USA,
hatte sich die federführende Baufirma dazu entschlossen,
die wegen des Prestigeprojekts relativ gut bezahlten Baujobs
nur an weiße Amerikaner zu vergeben.
Deshalb erklommen und besetzten zwei Aktivisten unterschiedlicher Hautfarbe
am 14. Juli 1964 die teilweise fertiggestellten Bögen
(»black and white unite«), um die Einstellung
auch schwarzer Bauarbeiter zu gleichen Löhnen durchzusetzen,
was dank nachdrücklicher Unterstützung auf den Straßen der Stadt und
gegen den Willen des US-amerikanischen Gewerkschaftsverbands AFL-CIO
dann auch erreicht wurde.
Den Zutritt zum Gebäude erhielten wir nicht nur nach den
mittlerweile gewohnten Sicherheitskontrollen, sondern auch
nach einer Aufklärung über die aktuellen COVID-Regelungen.
Es sieht so aus, als hätte es Herr Lauterbach noch nicht
nach St. Louis geschafft, um die Botschaft
vom Ende der Pandemie zu verkünden.
In der Stadt gilt nach wie vor ein Ampelsystem (wir hatten grün),
dessen Farben über die Viruslast im Abwasser und
der Zahl und Schwere hospitalisierter COVID-Infektionen
gesteuert wird. Begleitend gibt es an öffentlichen Orten
unabhängig von der Ampelfarbe
für alle (bei »Grün« natürlich freiwillig) kostenlose Masken.
Nachdem wir uns mit einer Saint-Louis-Spezialität
in Gestalt italienisch-kreolischer Fusionküche
(mit Bröseln und Cajun-Gewürzen panierten und getoasteten Ravioli,
die mit Salsicci und Käse gefüllt werden) gestärkt hatten,
wurden wir mit einem kleinen Acht-Wagen-Zug kuscheliger Fünf-Personen-Kapseln
innerhalb des Bogens auf die Aussichtsplattform an der Spitze
gefahren und nach kurzer Verweildauer auch wieder zurück (vier Minuten hoch
und drei Minuten runter). Danach ging es (mit dem erwähnten Werkzeugeinkaufstopp)
zurück zum Campingplatz und zu einem Abendessen aus geröstetem Rosenkohl,
Kartoffeln mit Tomatensugo und Rindswurst sowie Salat.
Virginia: The Gateway Arch sieht sehr eindrucksvoll aus, aber alles hat in seiner Geschichte einen Wermutstropfen. Aber euer Tagesplan liest sich gemütlich und die Bilder bestätigen dies. Die alten Industriebauten sehen aus, als könnte man da noch was draus machen. So, wie in Berlin … sicher vollkommen ausgeschlossen, weil riesig und sehr, sehr alt. Euer Abendessen klingt dann doch sehr europäisch. Sehr schöne Bilder, viele interessante Detail … da hast du ja richtig zu tun, lieber Martin. Dankeschön. Reist fein weiter. Liebe Grüße aus der Ferne.
Saint Looey …
… ist unsere letzte Station, bevor wir die
»mother road« verlassen.
Drei Punkte haben für uns heute Priorität:
(1) Paul rechtzeitig für seinen Rückflug
zum »Lambert International Airport«zu bringen;
(2) die erfolgreiche Befreiung Herrn Fischers aus dem Heilbronner Tierheim
durch eine gute und liebe Freundin zu feiern;
(3) die nötigen Reparaturen am Wohnmobil möglichst erfolgreich durchzuführen.
Trotz dieser gepackten To-Do-Liste, gelingt es uns auf dem Weg
noch einen Zwischenstopp in Mt. Olive einzuschieben,
einer ehemaligen Kohlebergbau- und Bergarbeiterstadt.
Die Lebensbedingungen der Arbeiter Ende des neunzehnten Jahrhunderts
waren mehr als prekär: Miete für das Wohnen in Werkshäusern
(den Kohlebossen gehörte praktisch die ganze Stadt)
wurde gleich einbehalten, statt Lohn gab es Essenskarten,
die nur in überteuerten Werksläden gegen Lebensmittel eingetauscht werden konnten
und selbst das Öl für die Arbeitslampen unter Tage
musste von den Arbeitern bezahlt werden.
»Für uns liegt der Tod im Zaudern, nicht im Sterben«,
war der Schlachtruf des Arbeiteraufstands, der »Schlacht von Virden«,
die zur Kapitulation der Bosse
und Anerkennung »normaler« Lohnarbeitsverhältnisse führte.
Ganz aufgeben wollten die Bosse aber auch nicht
und untersagten die Beisetzung
der getöteten Bergarbeiter auf dem lokalen Friedhof,
weshalb es nun in Mt. Olive einen
eigenen und bis heute genutzten Friedhof
für gewerkschaftlich organisierte Bergarbeiter und deren Familien gibt.
Nach diesem gemeinsamen Friedhofsbesuch verabschieden sich
die Weiterreisenden und der Heimkehrende vor dem Flughafenterminal.
Für letzteren geht es über Chicago nach München,
für erstere zum Werkzeugeinkauf bei Walmart.
Die erfolgreiche Stabilisierung des linken Außenspiegels
mit einem passenden Innnensechskantschlüssel
macht das Fahren für den Chronisten gleich wieder deutlich entspannter.
Die gemeinsame und erfolgreiche Reparatur des Abwassersystems
am Wohnmobil (ganz ohne Werkzeug) durch Hebamme und Rentner
schreit dann förmlich nach einem schönen Glas Weißwein
(ja: im Glas, nicht im Plastikbecher) vor dem Abendessen auf dem Campingplatz,
das (zur Erholung und nach kurzer Reisestrecke von 135 Meilen)
heute mal deutlich leichter als bislang gewohnt ausfallen wird.
Virginia: Ihr Lieben, ich hatte jeden Tag nach ein paar Neuigkeiten von euch gesucht, nun gab's ja viel zu lesen und schöne Bilder. Das Essen im Flieger sieht ja fein aus (hab gerade Hunger). Nun schnell raus mit den Grüßen, ich freu mich auf weitere Berichte und grüße euch sehr herzlich!
Romeo lost Juliet
Der erste Tag mit dem Wohnmobil beginnt mit einer Uber-Fahrt zur Mietstation,
wo die noch nicht begonnene Saison
ein funkelnagelneues Wohnmobil für uns vorgesehen hat.
Dass gerade auch solch neue Wohnmobile ihre Tücken haben,
werden wir erst später erfahren …
Nachdem alles verstaut und der Papierkram erledigt ist,
geht es »on the road«,
oder besser: auf die »mother road«.
Auch wenn unsere Reise nicht dem von John Steinbeck
in »The Grapes of Wrath« (»Früchte des Zorns«)
eindrucksvoll beschriebenen Zug der Hungerflüchtlinge
aus der »Dust Bowl« Oklahomas gen Westen folgen wird
(ein Weg, der sich angesichts klimatischer Veränderungen
wohl so ähnlich auch für viele andere Menschen abzeichnet),
versuchen wir dennoch auf unserer ersten Etappe
ein klein wenig den Spuren dieser Straße zu folgen.
Deshalb landen wir zunächst in Romeoville,
einem kleinen Ort in Illinois, der bis 1845 einfach nur Romeo hieß.
Damals entschieden sich aber die Einwohner
des Nachbarorts Juliet
(»Romeo and Juliet«)
ihren Ort in Joliet umzubenennen.
So verlor also Romeo ihre Juliet und die erbosten Einwohner Romeos
benannten kurzerhand ihre Stadt in Romeoville um.
Diese Geschichte erzählen wir uns beim Eisstopp
an der »Rich and Creamy« Eisdiele in Joliet,
die auch im Film »Blues Brothers« zu sehen ist
und noch heute das Eis durch ein kleines Schiebefenster
an die Genießenden verkauft.
Die Lust auf herzhaftes Essen
führt uns nach Atlanta, Illinois, wo es leider nur
noch die Figur des »Tall Paul« mit Riesen-Hot-Dog gibt,
der zugehörige Hot-Dog-Imbiss aber wohl für immer geschlossen bleiben wird.
Glücklicherweise gibt es genügend weitere Versorgungsstationen
auf dem Weg nach Springfield
und wir entschließen uns zum ersten Einkauf nebst warmen Speisen,
die wir uns auf dem Supermarktparkplatz schmecken lassen.
Auf dem Weg zum Ziel unserer ersten 218-Meilen-Etappe,
ein Campingplatz südlich von Springfield,
grüßt uns mitten in der Hauptstadt von Illinois irgendein Lauterbach,
der bekanntlich überall ist und überall reinschaut …
Virginia: Sehr schön, dass ich endlich ein paar interessante Infos und schöne Bilder gefunden habe.
Kreuz und quer …
… aber keineswegs drunter und drüber geht's an unserem letzten
und auch wärmsten Tag in Chicago (13°C Höchsttemperatur).
Zunächst laufen wir am Flussufer entlang zum Haymarket-Denkmal,
das an eine Kundgebung zur Unterstützung streikender Arbeiter
am 4. Mai 1886 erinnert, während der eine Bombe auf angreifende
Polizeireihen geworfen wurde.
In den folgenden Prozessen wurden acht Anarchisten
zum Tode verurteilt, von denen keiner die Bombe geworfen hatte
und auch lediglich zwei der acht überhaupt
auf dem Haymarket anwesend waren.
Auch der DGB hat an dem am Ort des Geschehens
errichteten Denkmal 2015 eine Plakette anbringen lassen.
Der üblicherweise Sonntagvormittag
stattfindende »Maxwell Street Market«
im Süden der Stadt fällt angesichts der kalten Witterung aus
und soll bei wärmerem Wetter irgendwann Ende des Frühlings
bzw. Anfang des Sommers (genauer wollten sich die Betreiber nicht festlegen)
den Betrieb wieder aufnehmen.
Ganz in der Nähe befindet sich die »Chicago Fire Academy«
mit einem Denkmal, das an den großen Brand im Oktober 1871
direkt an seinem Ausbruchsort erinnert,
dem ein großer Teil der wesentlich aus Holz gebauten Stadt zum Opfer fiel
und der erst durch einen nach zwei Tagen einsetzenden Regen gelöscht werden konnte.
Angesichts des strahlenden Sonnenscheins
begeben wir uns nochmals an den Lake Michigan,
um dort mit Bier und Limonade in der Sonne sitzend
die Skyline Chicagos zu betrachten,
bevor wir auf einer Bootsfahrt eine kleine Einführung
in die Architektur der den Fluss säumenden Hochhäuser erhalten.
Das vorläufig letzte Abendessen in Chicago
im »Planta Queen« war rein vegetarisch,
sehr entspannt und ebenso exquisit.
Es wird wärmer …
… hat der Wetterbericht versprochen.
Davon ist am Morgen allerdings noch nicht viel zu spüren,
so dass wir uns für einen Ausflug nach Cicero entscheiden,
wo die Sonne nicht von Hochhäusern abgeschattet wird
und wohin auch der kalte Wind vom Lake Michigan nicht reicht.
Mittlerweile ist dieser Stadtteil wesentlich Industriequartier
und von den blutigen Bandenkriegen des Narbengesichts Al Capone
und seiner zeitweiligen Übernahme von Regierung und Polizei der Vorstadt
ist heute nichts mehr zu sehen.
Nachdem sich die versprochene Wärme doch noch eingestellt hat,
nutzen wir das strahlende Wetter für einen längeren Spaziergang
entlang der »606«, einer ehemaligen Industriebahnstrecke,
die zum Rad- und Fußweg umgewidmet wurde.
Ein gut gekühlter Espresso mit Tonic
aus einem von Künstlern und Tierfreund:innen betriebenen Café
passt bestens zur Witterung.
Die wohlverdiente Stärkung
nach ein paar Kilometern Wanderung quer durch die Stadt
gibt es in der kleinen und äußerlich unscheinbaren Bäckerei
des Renaud Hendrickx, dem »Belgian Bread Crafter«.
Direkt neben der Backstube genießen wir das exzellente Sauerteigbrot,
dick bestrichen mit einer Hühner-Curry-Paste,
hausgemachte Tomaten-Paprika-Suppe
und eine leckere Quiche, frisch aus dem Ofen.
Tag 3 in Chicago
Das Klima in Chicago wird trotz Sonnenschein immer frostiger…
Unser erster Weg führt uns heute daher
ins »International Museum of Surgery«,
passend zur medizinischen Ausrichtung
der Mehrheit unserer kleinen Reisegesellschaft.
Leider gab es im obligatorischen Gift Shop des Museums
keine laien- und kindgerechten Experimentierkästen
für erste und einfache Operationen,
so dass die beeindruckenden Exponate die einzige Erinnerung bleiben.
Strahlender Sonnenschein und die Weite des Wassers,
die eher an salziges Meer als süße Seen erinnert,
locken uns trotz der Kälte
zu einem Spaziergang entlang Ufer und Strand des Lake Michigan.
Natürlich darf in Chicago auch nicht eine der von Starbucks betriebenen
weltweit insgesamt nur sechs Kaffeeröstereien nebst Kaffeetempel
»Starbucks Reserve« nicht fehlen.
Die heutige Neuschöpfung war eine Fusion aus Kaffee und Olivenöl,
die es sowohl kalt als auch warm oder als Martini gab:
der »Oleato«.
Nach gebührender Wartezeit auf den Kaffee
im auf fünf Stockwerken
hoffnungslos überlaufenen Starbucks-Tempel,
zieht es uns zu einem Ausflug in die Vorstädte der Stadt.
Wir wählen auf Verdacht die »Red Line« nach Norden
und entschließen uns nach Vorbeifahrt am ausgedehnten Friedhof
zum Ausstieg an der »Morse«.
Das von uns zu Fuß erkundete Vorstadtwohnviertel
zeichnete sich nicht nur durch auffälligen Wohnungsleerstand
(praktisch nur Ein- oder Zweizimmerwohnungen) aus,
sondern bot auch eine kleine abgesperrte Seitenstraße,
die von der Nachbarschaftsvereinigung
zur öffentlich-privaten Partymeile mit allerlei Sitzgelegenheiten
und BBQ-Feuerringen ausgestattet worden war.
Die Straße säumende und verlassene Geschäfte
waren zu einem Spielhaus, mit allerlei Brettspielen,
und einer offenen Bühne, ausgestattet mit vielen Instrumenten,
umfunktioniert. Letztere warb mit einem Zitat Albert Einsteins,
der mal erklärt hatte, dass er wenn nicht Physiker,
dann ganz bestimmt Musiker geworden wäre.
Susanne: Danke für eure ersten Eindrücke aus Chicago, wo ihr tapfer der Kälte trotzt. Gut, dass es Coffee and Sweets gibt, die von innen wärmen! Liebe Grüße zu Ostern aus dem Ländle!
Angekommen
An unserem ersten Tag begrüßt uns die Stadt mit strahlendem Sonnenschein,
gleichzeitig aber empfindlicher Kälte.
Nach dem Frühstück begeben wir uns zu Fuß auf einen ersten Erkundungsgang
und überqueren dabei auch zum ersten Mal den Chicago River von Nord nach Süd.
Die namenlose Skulptur von Pablo Picasso am Daley Plaza
gibt uns leider keine Auskunft darüber,
welcher seiner deutlich dreistelligen Zahl
an meist jungen Geliebten und Affären dieses Werk gewidmet ist.
Der kleinwüchsige Künstler, der dem Ratschlag seines Arztes folgend,
»viel Sex und viel guten Wein« zu haben,
als großer Aufreißer bekannt war,
»was never called an asshole«,
was wohl die gängige Bezeichnung
für sich entsprechend verhaltende Normalmänner wäre,
die sich alleine deshalb meist auf »viel guten Wein« beschränken.
Doch Kunst findet in Chicago nicht nur auf der Straße statt,
sondern auch im sehens- und besuchenswerten »Art Institute Chicago«,
in dem es für den Eintritt nicht nur viel zu sehen,
sondern als besondere Kunstform auch Candys zum Naschen gibt.
Der Namenszug eines ehemaligen Präsidenten am gleichnamigen Tower
fällt dann schon eher in die Kategorie »kann das weg«.
Das Abendessen gab es bei »Beatrix«
und der einhellige Favorit war der ganz besonders lecker zubereitete Rosenkohl,
der sogar noch die Variante der Köchin in der Mö27 toppen konnte!
Damit gibt es auch bereits ein erstes Rezept,
das es in der nächsten Rosenkohl-Saison auszuprobieren gilt.
Auf dem Weg
Herr Fischer hat es vorgezogen, dem Trennungsschmerz aus dem Weg zu gehen
und genießt stattdessen eine ausgedehnte frühmorgendliche Pirsch.
Die Sechssachen sind gepackt und die Teilfamilie macht sich auf den Weg
zur geplanten familiären Wiedervereinigung jenseits des Atlantiks
(»du hast keine Chance aber nutze sie«) in Chicago.
Auch wenn wir damit unseren CO2-Fußabdruck
bis an die Grenze des Erwünschten ausreizen:
Der Weg über den Atlantik bleibt dem Flugzeug vorbehalten
und den beruflich bedingten vielfachen Erdumrundungen des Chronisten geschuldet,
erfolgt die Überquerung des Ozeans diesmal deutlich komfortabler
als in der aus beruflicher Vergangenheit gewohnten »Holzklasse«
auf den hinteren Rängen.
Im Hotel in Chicago kommt es dann
auch zum erhofften und geplanten Familientreffen:
Paul trifft um 20:30 aus San Francisco kommend ebenfalls dort ein
und dem langen Tag der Älteren geschuldet beschränkt sich der erste Abend
in der kalten »Windy City« auf ein gemeinsames
und leckeres Ramen-Essen sim »Ramen-San« gleich um die Ecke.
Vorfreude
Noch sind wir zu Hause und damit beschäftigt, die letzten Reisevorbereitungen zu treffen und uns von den Heilbronner Freund:innen und natürlich auch von Herrn Fischer zu verabschieden …
Virginia: Schlaft gut, das ist die letzte Nacht in euren eigenen Betten. Guten Start!!!
Fritz: Dann viele tolle Erlebnisse + Faulenzen nicht vergessen!
Katja: Ich wünsche euch eine ganz ganz tolle Zeit! Lasst es euch gutgehen, im Juni sehen wir uns dann hoffentlich alle wieder.
Silke: Ganz viel Spaß und großartige Eindrücke auf dieser spannenden Tour.
Susanne: Genießt die Reise, lasst es euch gut gehen, bleibt gesund! Ich freue mich schon auf eure Berichte und Bilder.
Christiane: Wünsche euch eine tolle Reise, genießt sie und freut euch des Lebens.
Sibylle: Ich wünsche euch einen guten Flug und wunderschöne Erlebnisse in USA.
Regine: Ich freue mich so, dass eure Pläne in Erfüllung gehen!
Jürgen: Gute Reise! Bringt viele Eindrücke und das ein oder andere Rezept mit …